Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens : mit Original-Beiträgen der hervorragendsten Schriftsteller und Gelehrten. Bd. 7.

136 Ohne viele Worte.

für thre Umgebung eine Unterhaltung von zweifelhaften Reize. Otto war in ihren Augen unfehlbar, über ihre Geſundheit beklagte ſie ſi<h in traurigem Tone und mit Recht. Etivas Energie würde ihr wohl gethan haben, aber ſie wandte dieſes Mittel niht an. Sie hatte ein warme3 Herz für ihre Mitmenſchen, ſoweit die beiden Hauptintereſſen ihres Lebens dieſes zuließen, und gab den Armen oft in verſchwenderiſher Weiſe und über ihre Mittel hinaus. Dadurch und weil ſie niht re<ht zu wirthſchaften wußte, gerieth ſie man<hmal in Geldverlegenßeiten.

Für kleine Aufmerkſamkeiten, die man ihr erwies, war ſie ſehr dankbar und hatte eine äußerſt liebenswürdige Art, ſi<h übex eine Blume oder ſonſtige kleine Gabe zu - freuen.

Im Ganzen war Frau Doktor Armfeld eine liebe Frau, nux erforderte ein längeres Zuſammenſein mit ihr viel Geduld. Da nicht alle Menſchen über dieſe viel begehrte Eigenſchaft verfügen, beſchränkten ſi<h meiſtens die Bekannten, welche ſie aufſuchten, auf kurze Viſiten.

Ueber Helenens Beſuch hatte die Gute eine aufrichtige Freude. Als ſie den Zwe> deſſelben exfuhx und den Brief ihres Sohnes geleſen hatte, wurde ſie von einem threr Nevvenzufälle erfaßt. Schon oft angewandte Mittel brachz ten jedo< Linderung und jebt lag ſie auf dem Sopha aus= geſtre>t und weinte leiſe. Sie hatte Helenens Haud ergriffen, die ſie feſthielt.

„Und nun exzählen Sie Alles, Alles, liebes Kind, vas Sie von Otto iviſſen !“

Wort für Wort erzählte Helene zum drilten Male die