Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens : mit Original-Beiträgen der hervorragendsten Schriftsteller und Gelehrten. Bd. 7.

Novelle von A. Kiſtner, : 157

Geſchichte von Armfeld's Fortgehen, ſo wie ſie dieſelbe ſich ausgedacht.

„Mein lieber, guter Junge!“ ſ{<lu<zte die Krauke, „ſo fort zu gehen, ohne ſeiner Mutter nux etwas zu ſagen, ohne einen Ab ciedskuß. Aber es war Güte, Schonung meiner Nerven! Wohin kann i< ihm denn ſ<reiben ?“

Helene hoffte, daß Armfeld ſeiner Mutter bald eine Adreſſe mittheilen werde. Diejenige von Wißel*s Hotel erſchien ihr jezt ſhon etwas unſicher.

„Mir iſt Alles fo unbegreifli<h. Mein Gott, ex war doch ſo gern in Karlsruhe, wurde dort förmlich von aller Welt angebetet. J< wundere mi, daß man ihn gehen ließ. Freili<h, was ſollte man machen? Wenn er fort wollte, wird ex ſeine guten Gründe gehabt haben. Es iſt äußerſt diskret von ihm, daß er niht darüber ſpricht. Das ſieht ihm ganz ähnlich.“

Und nun folgte eine Schilderung von Otto's Vor= zügen, welcher Helene mit rohem Lächeln zuhörte, bei der die Leidende fich augenſcheinli<h erholte, und die ſie ins Unendliche fortgeſeßt haben würde, wenn nicht ein Klopfen an der Thüre eine Störung veruxſacht hätte.

„Es wird Mieze Meerheim ſein,“ meinte Frau Armfeld.

„Richtig gerathen, es iſt Mieze Meerheim!“ rief ein zierliches Geſchöpf von vierzehn Jahren, mit dicem, ſhwarzem Zopf, kirſchrothen Lippen, luſtig blißenden Augen und tänzelte äußerſt behend in's Zimmer. Sie machte eine Pirouette, woktei ihr ein paar widerſpenſtige kleine Lölkchen über die Stirn fielen, dann verbeugte ſie ſich wie eine Ballettänzerin und ſagte: „Jh habe die Ehre!“