Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens : mit Original-Beiträgen der hervorragendsten Schriftsteller und Gelehrten. Bd. 7.

Novelle von A. Kiſtner. lO)

verloren, Geſchwiſter nie beſeſſen habe, daß ſie jeßt bei cin paar älteren Fräulein erzogen würde, die in dieſen Hauſe zei Treppen ho<h wohnten, daß der Großpapa Koftgeld für ſie bezahlte und ſie die Schule beſuchte. Au etwas von der Eisbahn und dex Aengſtlichkeit ihrer Erz zieherinnen Lief mit unter, dann unterwarf Mieze die häusliche Einrichtung und den Küchenzettel ihrer Damen einer Kritif, was Helene niht ſehr freundli<h vou ihr fand und ihr dies auch ſagte.

Dafür erfuhr ſie jezt no< niht, daß Mieze jedes Buch verſchlang, das ihr vorfam, mit elf Jahren „die Räuber“, „Nabale und Liebe“ und andere Sachen heimlich geleſen" hatte und nun ſeit geraumer Zeit zu den Romanen der Marlitt und Werner übergegangen wax. Daß infolge deſſen die Schulzeugniſſe des kleinen Fräuleins nicht beſon= ders ausfielen und allerlei Liebes8geſchichten ſtatt dex franzöfiſchen Verben und der deutf<hen Grammatik in dem jungen Köpfchen herumſpukten, würde ſie ohnedem nicht verrathen haben.

Frau Doktox Armfeld hatie die Augen geſchloſſen. Die Unterhaltung der Beiden wurde ihr offenbar läſtig. Auf die Kranke zeigend, winkte Helene, ſie meinte, das fleine luſtige Ding folle fi<h unbemerkt entfernen. Doch da fannte ſie Mieze Meerheim ſ{hle<t.

Mieze wußte beſſer mit Frau Armfeld umzugehen, als manche Andere, und ſo fragte ſie vernehmli<h: „Frau Alten, kennen Sie Otto ?“

Sofort öüfſneten fih die Augen der Ermatteten. Es wax rührend zu ſehen, wie dieſe Zauberformel wirkte,