Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens : mit Original-Beiträgen der hervorragendsten Schriftsteller und Gelehrten. Bd. 7.

Novelle vón A. Kiſtner. 158

Mieze war wlithend und ſchalt weidli<h auf alle zopfigen Schulmeiſter, welchen alles Verſtändniß für die Freuden der Jugend fehle, und welche ihre weiſe Naſe in Alles hinein ſte>ten, was ſie nichts angehe. Auch Karl Merten war äußerſt niedergeſ<hlagen und brummte von Philiſtern, ja, er gebrauchte ſogar die Bezeichniß „alte Keſſel“.

Alle dieſe Erörterungen gingen vor ſi<h, als Mieze einen Brief nach der Poſt tragen wollte, wobei ſie es ſo einrichtete, gerade dcn Schluß der Nachmittagsſchule abzu= ivarten, und dieſe Lehranſtalt in dem Augenbli> paſfixte, als die männliche Blüthe Wiesbadens daraus hervorſtiürmte. Natürlich hatte Karl Merten ſofort die Dame ſeines Herzens geſehen, natürli folgte er ihr und natürlich war ſie ſehr verwundert, als ſie ihn, nachdem ſie ihren Brief abgegeben, an der Thüre auf ſie wartend antraf.

Beide gingen nun ſo eifrig ſprechend auf und nieder, als wären fie die Genoſſen einer Partei, deren jüngſle Vorlage der Reichstag im Plenum abgelehnt hat. Endlich und unbemerkt wanderten ſie weiter, geriethen in die Anſagen und bemerkten niht, wie die Dunkelheit herabſank. Im Januar ſind die Tage nicht fehr lang und dazu Legnete es jeht.

Mieze hatte einen Regenſchirm, den ſie durchaus Karl, der feinen mit ſi< führte, leihen wollte. Ex betheuerte, feines Schußbes zu bedürfen, wenigſtens wolle ex den Schirn tragen, dann müſſe Fräulein Meerheim ſi< aber nahe zu ihm halten. Vielleicht würde ſie ſeinen Arm annehmen ? Es ſei ja dunkel, Niemand würde es ſehen. Das wollte Mieze indeß durchaus nicht, überhaupt regte ſich jebt ihr