Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens : mit Original-Beiträgen der hervorragendsten Schriftsteller und Gelehrten. Bd. 7.

Novelle von A. Kiſtner. : | 161

Klingel rief Hanne herbei. Wie der geſchicteſte Diplomat wußte Helene thre Wünſche als eigenen Einfall der Alten hinzuſtellen, und auf dieſe Weiſe erhielt ſie Exlaubniß, ¡hr Geſellſ<haft2= und Fremdenzimmer möblirt zu vermiethen.

Was geſchehen ſollte, mußte raſh geſhehen. Noh an demſelben Abend trug Hanne eine Anzeige in das Jntel= ligenzblatt, und am folgenden Tage bereits ſtellten fich verſchiedene Reflektanten ein, die der alten Hanne E nicht gefielen. i

Helene war ret niedergeſchlagen. Sie nahm einen Brief zur Hand, den ſie vorhin, als ihn der Briefträger gebracht, nur flüchtig geleſen, kaum beachtet hatte. Ein älterer Herr wünſchte bei ihr in ganze Penſion zu treten, wenn Helene ſih entſchließen fönnte, vegetariſh für ihn zu kochen und ihm exlauben wollte, Muſikunterricht in ihrem Hauſe zu geben. Auf beides wollte ſie ſi<h ungern einlaſſen. Der unterzeichnete Name fiel ihr auf. „Burger.“ Wo hatte ſie denſelben do< ſchon gehört ?

Am nächſten Morgen ließ Herr Burger ſih bei ihr melden. Es war Mieze'3 Großvater. Ein kleiner Mann mit ſhneeweißem Haar und einem Augenpaaxr, in dem ein ganzer Himmel von Liebe und Güte lag. Buxgex hatte ein äußerſt zutrauliches, findliches Weſen, und man gez wann ſofort den Eindru>, daß er zu denjenigen Menſchen gehöre, die in idealen Jdeen befangen , ſich im- praktiſchen Leben nicht re<t zu helfen wiſſen. Helene fühlte ſich Un= endlich zu ihm hingezogen. Sie und Hanne entſchloſſen ſi alſo, vegetariſ<h zu fochen und die Muſikſtunden in Jeinem Zimmer zu extxagen.

Bibliothek, Jahrg. 1886, Bd, VIT. 11