Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens : mit Original-Beiträgen der hervorragendsten Schriftsteller und Gelehrten. Bd. 7.
212 i Etwas vom Munde.
ſ<hmad>ſinn, demjenigen Sinn, der ſi< von allen Sinnen am früheſten entwi>elt und wie kein anderer den Menſchen bis zur leßten Stunde beherrſcht; ſchon die erſte mimiſc<he Bewegung des Mundes, die der Menſch lernt und übt, die Saugbewegung der Lippen, bezieht ſich bemerkenêwerther Weiſe auf den Geſhma>ſinn. Als grundlegende Züge aber, dur< deren Kombinationen alle die mimiſchen Bez wegungen, die ſih auf den Geſhma>ſinn beziehen, gebildet werden, ſind der prüfende, der ſüße, der bittere, dex verbiſſene und der verächtli<he Zug zu bez trachten.
Dex prüfende Zug des Mundes iſt an Menſchen zu beobachten, die den Werth eines Gegenſtandes oder Urtheils in Gedanken abwägen. Er äußert ſih ganz ebenſo durch rüſſelartiges Vorſchieben der Lippen, wie bei der Prüfung von Speiſen, die man zwiſchen die Lippen bringt und langſam über die Zunge gleiten läßt, um den zu beurtheilenden Geſ<hma>8eindru® möglichſt zu verlängern, wobei ‘eben — was namentli< bei Weinprobirern ſtark auffällt — die Lippen ſich ſehx erheblich vorſchieben. Wer in Gedanken eine Sache prüft, ſpißt die Lippen wie zum Pfeifen, Küſſen, zur Ausſprache der Vokale O und U, und ſtets wird ſi<h in dieſem Zuge ein gewiſſes Selbſtgefühl offenbaren, weil der Urtheilende — au<h wenn er falſ< urtheikten follte — ſich ſtets, und wenn au< nur vorüber= gehend, als Autorität fühlt. Es iſt daher begreiflich, daß “der prüfende Zug des Mundes ſich phyſiognomiſ<h am häufigſten und ausgeprägteſten bei denjenigen Menſchen findet, die ihn viel üben, und das ſind entweder ſolche,