Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens : mit Original-Beiträgen der hervorragendsten Schriftsteller und Gelehrten. Bd. 7.

Mannigfaltiges. ' 243

Während ſeiner Abweſenheit gab der Kadi, im Junexſten ergrimmt über éine ſo unnatürlihe Grauſamfteit, einem ſeiner Diener den Befehl, ſich bereit zu halten, dem jungen Hamedy beim erſten Zeichen, das ex geben würde, den Kopf abzuſchlagen. Bald darauf fehrte derſelbe auch wirklich mit der abgehauenen blutenden Hand in ſeiner rehten Fauſt in den Saal zurüc; der darüber entrüſtete Kadi gab ſeinem Diener das verabredete Zeichen und wenige Augenbli>e dana lag Hamedy's Kopf ihm zu Füßen. Erſt jezt wurde man gewahr, daß dieſem Opfer kindlicher Liebe eine Hand fehlte; zu ſpät durſchaute man, daß er nur, um den Vater zu retten, ſich die Vollſtre>ung des Richterſpruches erbeten hatte. Ruhig, mit gleihmüthiger Miene war ex, den verſtümmelten Arm unter dem Mantel geborgen, in den Saal zurückgekehrt. Die ganze Verſammlung wurde von tieſſtem Mitleid ergriffen. Hamedy wurde mit großen Ehren begraben, und als der Sultan Kunde von dem Vorgefallenen erhielt, ließ er neben dem Grabe des Gefallenen eine Moſchee errichten zum bleibenden Andenken an dieſe That der Kindesliebe. A. St. König Max Joſeph vou Bayern und ſein Läufer. —

Max Joſeph hatte, nahdem er zunächſt no< als Kurfürſt ſeinem Vorgänger Karl Theodor auf dem Throne (1799) gefolgt war, noh mancherlei Jnſtitutionen dieſes prunfkliebenden Fürſten an ſeinem Hofe beibehalten. So ließ er au< bis auf Weiteres die Läufer fortbeſtehen, welche bei beſonders feſtlichen Gelegenheiten dem Wagen des Herrſchers voranzueilen hatten. Einer dieſer Leute hatte ſeinen Beruf aufgeben müſſen und für deſſen Stelle meldete ſich ſofort ein junger Menſch, dex in ſeinem Bewerbungsgeſuche die fühne Behauptung aufzuſtellen wagte, daß ex in der „Lauf: funſt“ das „noch nie Dageweſene“ leiſte. Der König, welchen das Selbſtbewußtſein des Bittſtellers reizte, dieſe Laufkforyphäe näher fennen zu lernen, ließ demſelben einen Tag beſtimmen, an welchem ex eine Probe ſeinex Virtuoſität im Schloßpparke zu Nymphenburg