Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/1, page 156

98 Erſte Dxrdnung: Affen; erſte Familie: Shmalnaſen (Menſchenaffen).

wenn ex ſeinen Mund mit dem, was er beſonders liebte, voll hatte, während er andererſeits den Biſſen eine kurze Zeit mit der Zunge im Munde herumdrehte, als ob ex einen Wohlgeſ<hma> daran ſuchen wolle, und wenn er ihn niht ſüß oder ſhmachaft genug fand, regelmäßig alles wieder ausſpie. Gab man ihm dasſelbe Eſſen fernerhin, ſo begann er zu ſchreien und ſ{<lug heftig um ſih, genau wie ein kleines Kind im Zorne zu thun pflegt.

„Als ih meinen jungen Meias ungefähr 3 Wochen beſaß, bekam ih glülicherweiſe einen jungen Makaken, welcher klein, aber ſehr lebhaft war und allein freſſen konnte. Jh ſeßte ihn zu dem Meias, und ſie wurden ſogleich die beſten Freunde. Keiner fürchtete ſich im geringſten vor dem anderen. Der kleinere Makak ſeßte ſih ohne die mindeſte Nücfſicht auf den Leib, ja ſelbſt auf das Geſicht des Meias, und während ich dieſen fütterte, pflegte jener dabei zu ſigen und alles aufzunaſchen, was daneben fiel, gelegentli<h auh mit ſeinen Händen den Löffel aufzufangen. War ich mit der Aßung fertig geworden, ſo le>te er das, was an den Lippen des Meias ſaß, begierig ab und riß dieſem \{ließli<h das Maul auf, um zu ſehen, ob no< etwas darin ſei. Den Leib ſeines Gefährten betrachtete er wie ein bequemes Kiſſen, indem er ſi<h oft darauf niederlegte, und der hilfloſe Meias ertrug allen Übermut ſeines Gefährten mit der beiſpielloſeſten Geduld; denn er ſchien zu froh zu ſein, überhaupt etwas Warmes in ſeiner Nähe oder einen Gegenſtand zur Verfügung zu haben, un den er zärtlich ſeine Arme ſ{hlingen konnte. Nur wenn ſein Gefährte weggehen wollte, hielt er ihn ſo lange, als er konnte, an der beweglichen Haut des Nücens oder Kopfes oder auh wohl am Schwanze feſt, und der Makak vermochte nur nach vielen kräftigen Sprüngen ſi< los zu mahen. Mérkwürdig war das verſchiedene Gebaren dieſer zwei Tiere, welche im Alter nicht weit auseinander ſein konnten. Der Meias benahm ſih ganz wie ein tleines Kind, lag hilflos auf dem Rücken, rollte ſi< langſam hin und hex, ſtre>te alle viere in die Luft, in der Hoffnung, irgend etwas zu erhaſchen, war aber no< kaum im ſtande, ſeine Finger na< einem beſtimmten Gegenſtande hinzubringen , öffnete, wenn er unzufrieden war, ſeinen faſt zahnloſen Mund und drücfte ſeine Wünſche durch ein ſehr kindliches Schreien aus; der junge Makak dagegen war in beſtändiger Bewegung, lief und ſprang umher, wann und wo es ihm Vergnügen machte, unterſuchte alles, ergriff mit der größten Sicherheit die kleinſten Dinge, erhielt ſi< mühelos auf dem Rande des Kaſtens im Gleichgewichte, kletterte an einem Pfahle hinauf und ſeßte ſi< in den Beſiß voû allem __ Eßbaren, welches ihm in den Weg kam. Man konnte keinen größeren Gegenſaß ſih denken: der Meias erſchien neben dem Makaken no< mehr denn als ein kleines Kind.

„Nachdem ih meinen Gefangenen ungefähr einen Monat beſeſſen hatte, zeigte ſich, daß er wohl allein laufen lernen würde. Wenn man ihn auf die Erde legte, ſtieß er ſi< mit den Beinen weiter oder überſtürzte ſich und kam ſo ſ{hwerfällig vorwärts. Wenn er im Kaſten lag, pflegte er ſich am Rande gerade aufzurihten, und es gelang ihm auch einoder zweimal bei dieſer Gelegenheit, ſih herauszuhelfen. War er ſhmugßig oder hungrig, oder fühlte er ſi ſonſt vernachläſſigt, ſo begann er heftig zu ſchreien, bis man ihn wartete. Wenn niemand im Hauſe war, oder wenn man auf ſein Schreien niht kam, wurde er nah einiger Zeit von ſelbſt ruhig. Sowie er aber dann einen Tritt hörte, fing er wieder um ſo ärger an.

„Nah 5 Wochen kamen ſeine beiden oberen Vorderzähne zum Vorſcheine. Jn der leßten Zeit war er niht im geringſten gewachſen, ſondern an Größe und Gewicht derſelbe geblieben wie anfangs. Das kam zweifellos von dem Mangel an Milch oder anderer ebenſo nahrhafter Koſt her. Reiswaſſer, Neis und Zwieba> waren doc nux dürftige Erſaßzmittel, und die ausgepreßte Milch der Kokosnuß, welche ih ihm manchmal gab, vertrug ſih niht mit ſeinem Magen. Dieſer Nahrung hatte ih au< eine Erkrankung an DurWhfall zuzuſchreiben, unter welcher das arme kleine Geſchöpf ſehr litt; do< gelang es mir, ihn dur<