Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/1, page 169

Gibbons. 111

befanden, auh gern Kameradſchaft gehalten; doch dieſe zogen ſih ſcheu vor ihm zurü> und erwieſen ſi< ihm gegenüber als ſehr ungeſellig: dafür rächte er ſih aber. Sobald er nur immer konnte, fing er einen ſeiner mitgefangenen Affen und trieb mit deſſen Schwanze wahren Unfug. Er zog den armen Geſellen an den ihm ſelbſt fehlenden Anhängſel oft auf dem ganzen Schiffe hin und her oder trug ihn nah einer Rahe empor und ließ ihn von dort herunterfallen, kurz machte mit ihm, was er wollte, ohne daß das ſo gepeinigte Tier jemals im ſtande geweſen wäre, ſih von ihm zu befreien. Er war ſehr neugierig, beſah ſi alles und ſtieg auh oft an dem Maſte in die Höhe, um ſi<h umzuſchauen. Ein vorüberziehendes Schiff feſſelte ihn immer ſo lange auf ſeinem erhabenen Siße, bis es aus dem Geſichtskreiſe entſhwunden war. Seine Geſühle wechſelten ſehr raſh. Er konnte leicht erzürnt werden und gebärdete ſih dann wie ein unartiges Kind, wälzte ſih, mit Verrenkung der Glieder und Verzerrung des Geſichts, auf dem Verde>e herum, ſtieß alles von ſich, was ihm in den Weg kam, und ſchrie ohne Unterlaß „ra! ra! ra!“ — denn mit dieſen Lauten drüdt er ſtets ſeinen Ärger aus. Er war lächerlih empfindlih und fühlte ſih durch die geringſte Handlung gegen ſeinen Willen ſogleich im Tiefinnerſten verletzt: ſeine Bruſt hob ſich, ſein Geſicht nahm einen ernſten Ausdru> an, und jene Laute folgten bei großer Erregung raſh aufeinander, wie es ſchien, um den Beleidiger einzuſhüchtern. Zum Bedauern der Mannſchaft ſtarb ex, noh ehe ex England erreichte.

Auch Wallace ſtellt den Siamang in günſtigerem Lichte dar. „Jh kaufte“, ſagt ex, „einen Éleinen Langarmaffen dieſer Art, welchen Eingeborene gefangen und ſo feſt gebunden hatten, daß er dadur< verleßt worden war. Zuerſt zeigte er ſih ziemlih wild und wollte beißen; als wir ihn aber losgebunden, ihm zwei Stangen unter dem Vorbau unſeres Hauſes zum Turnen gegeben und ihn vermittelſt eines kurzen Taues mit loſe über den Stangen liegendem Ninge befeſtigt hatten, ſo daß er ſi leiht bewegen konnte, beruhigte er ſih bald, wurde zufrieden und ſprang mit großer Behendigkeit umher. Zuerſt bekundete er gegen mich eine Abneigung, welche ih dadurch zu beſeitigen ſuchte, daß ih ihn immer ſelbſt fütterte. Eines Tages aber biß er mih beim Füttern ſo ſtark, daß ih die Geduld verlor und ihm einen tühtigen Slag verſezte. Dies mußte ih bereuen, da er von nun an mich no< weniger leiden konnte. Meinem malayiſchen Knaben erlaubte er, mit ihm zu ſpielen, und gewährte uns dadur< und dur ſeine eigene Beſchäftigung, durch die Leichtigkeit und Gewandtheit, mit der er ſi hin und her ſhwang, eine ſtete Quelle der Unterhaltung. Als ih nah Singapur zurü>kam, zog er die allgemeine Aufmerkſamkeit auf ſi<h. Ex aß faſt alle Arten Früchte und Reis, und ih hatte gehofft, ihn mit nah England bringen zu können; allein er ſtarb, gerade ehe ih abreiſte.“ Dies lautet ganz anders als der Bericht von Duvaucel und ſteht au< mit dem, was wir von andern Langarmaffen wiſſen, vollkommen in Einflange. Ein Hulo>, welchen Harlan fünf Monate lebendig beſaß, wurde in weniger als einem Monate ſo zahm, daß cr ſih an der Hand ſeines Gebieters feſthielt und mit ihm umherging, wobei er ſih mit der anderen Hand auf den Boden ſtüßte. „Auf meinen Nuf“, erzählt Harlan, „fam er herbei, ſeßte ſih auf einen Stuhl zu mir, um mit mix das Frühſtü> einzunehmen, und langte ſi<h ein Ei oder einen Hühnerflügel vom Teller, ohne das Gede> zu verunreinigen. Er trank auh Kaffee, Schokolade, Milch, Thee 2c., und obgleilh er gewöhnlich beim Trinken nur die Hand in die Flüſſigkeit tauchte, ſo nahm er doh darauf, wenn er durſtig war, das Gefäß in beide Hände und trank nah menſ<hli<her Weiſe daraus: Die liebſten Speiſen waren ihm gekohter Reis, eingeweihtes Milhbrot, Bananen, Orangen, Zu>er und dergleichen. Die Bananen liebte er ſehr, fraß aber auh gerne Kerbtiere, ſuchte im Hauſe na< Spinnen und fing die Fliegen, welche in ſeine Nähe kamen, geſchi>t mit der re<ten Hand. Wie die Jnder, welche des Glaubens halber Fleiſhwaren verweigern, jo ſchien auh dieſer Gibbon gegen die leßteren Widerwillen zu haben.