Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/2

Pariahunde in Südrußland, Braſilien, Feſſan. 91

wenn er ſein Wild geſtellt hat, ſei es über, auf oder unter der Erde, mit Bellen anhält, bis der Jäger kommt, und ſollten Stunden darüber vergehen. Die Hunde handeln im Einverſtändnis mit dem Jäger, und oft liegt die ganze Meute ermattet unter dem Baume, auf dem die Pardelkaze eine Zuflucht gefunden hat. Lang hängt die Zunge aus dem tro>enen Halſe, die Stimme iſt heiſer, und nur einzelne laſſen ſie noh hören, und | ehnſüchtig bli>en alle nah der Seite, von welcher ſie ihren Herrn erwarten. Da tönt ein ferner jauhzender Schrei kaum vernehmbar von den Bergen herüber. Er iſt ihnen nicht entgangen, und von neuem ſtürzen ſie mit wütendem Bellen gegen den umlagerten Baum. Das Jauchzen wiederholt und nähert ſi<, und jedesmal antwortet einſtimmig die ganze Meute, um dem Rufenden den Weg zu zeigen. Endlich hört man das Kna>en der Zweige, und der langerſehnte Herr erſcheint. Die Wut der Hunde erreicht den höchſten Grad, und bald ſtürzen ſie ſich auf den Feind, welcher, obgleih ſ<hwer verwundet, ſein Leben noh teuer verkauft.

„Für den Reiſenden ſind Hunde unentbehrlih. Wenn die Sonne ſih zum Untergange neigt, wird an geeigneter Stelle, d. h. wo ſi Holz und Waſſer findet, das Nachtlager aufgeſchlagen. Die Hunde liegen im Kreiſe umher, womöglich bei einem Strauche oder dichten Grasbuſche, um ſi gegen die Kühle der Naht oder gegen die Anfälle der Müden zu ſ{hüßen, und der Reiſende, wenn er ſeine Reit- und Laſttiere verſorgt, d. h. frei auf den Kamp getrieben hat, fann ſi ſorglos dem Schlafe überlaſſen. Die treuen Wächter halten jede Gefahr fern, welche dur Menſchen oder reißende Tiere drohen fönnte. Nur gegen Giftſchlangen vermag ihre Wachſamkeit nichts, ebenſowenig gegen die Diebe, welche des Nachts Pferde und Maultiere des Reiſenden wegtreiben. Wo es alſo bloß auf das Wachen ankommt, wählt man am beſten die gewöhnlichen Kamphunde, womöglich die Dickköpfe, welhe der Jäger verachtet. Der reiſende Tierkundige dagegen bedarf der Hunde als ſeiner beſten Lieferanten und zieht deshalb die Jagdhunde vor. Doch müſſen ſie während des Marſches in waldigen Gegenden ſtets zu zweien gekoppelt ſein, da ſie ſonſt durch jede friſche Fährte zur Jagd verleitet werden, ſo daß ihrem Herrn oft nichts übrigbleibt, als die Reiſe zu unterbrechen, um die Rücfkunft der Hunde zu erwarten oder dieſe aufzugeben. Auf ſolche Weiſe geht mancher wertvolle Hund verloren, denn er kann der Fährte des berittenen Herrn ſpäter nicht folgen. Daher ſind Rehhunde zur Reiſebegleitung die ſchlechteſten. Bei ihrem ungezähmten Jagdeifer muß man ſie au<h gekoppelt ſtets im Auge behalten, was zu vielen Unbequemlichkeiten für den Reiſenden führt. Der innige Verkehr des Reiſenden und Jägers mit ſeinen Hunden, die beſtändige Aufmerkſamkeit, welche beide Teile aufeinander haben, ſchafft ein Verhältnis gegenſeitiger Freundſchaft, welches guten Hunden gegenüber nur die unerbittliche Notwendigkeit trennen kann. Ein nicht geringer Teil meiner Sammlungen iſt mit der Erinnerung an dieſen oder jenen der Hunde innig verknüpft, und ih kann niht die lange Reihe der Coatiſchädel oder die Gerippe der Dzelote durhmuſtern, ohne mich bei vielen an die Szenen von unbezähmbarer Kampfeswut der Sieger und verzweifelter Gegenwehr der Beſiegten zu erinnern.“

Die Hunde in Feſſan, wo ſie, laut Nachtigal, im ganzen ſelten vorkommen, gehören entweder der auf der Nordküſte bei den Arabern ſo beliebten lang- und dichthaarigen, meiſt weißen Art des Wachthundes an, oder ſind leidlih hübſche Jagdwindhunde von mäßiger Größe, wie ſie ſhöner und häufiger in Tunis und Tripoli zu finden. Die in Tibeſti „gehören der in Feſſan vorkommenden Art unvollkommener Windhunde an, und ihre mangelhafte Raſſe und ſhle<te Ernährung ſcheinen ihrer Beſtimmung, Gazellen, Antilopen und Strauße zu jagen, wenig zu entſprechen. Sie ſind ſpärlich vorhanden, doh immer noch häufiger als die Kaße.“

Über Art, Gebaren und Stellung der Hunde bei den ſogenannten Wilden haben verſchiedene Forſcher genauen Bericht erſtattet. Von denen der Silluk ſagt Schweinfurth: