Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/2

Pariahunde bei afrikaniſhen Völkerſchaften. 93

ausmacht. Jn wenigen Tagen ſollte ih vielleicht für immer vom Njam-Njamlande Abſchied nehmen, daher ſah i< mi< nah einem Hunde von der merkwürdigen Naſſe dieſes Landes um, den ih als eine Neuigkeit erſten Ranges für die Raſſenzüchter mit mix na< Europa nehmen wollte. Um den Preis von zwei Kupferringen erſtand ih eine Hündin, die mir beſonders begabt erſchien, und die ſih in der That ſehr ſchnell an meine Perſon anſ{loß. Leider konnte ih mein Vorhaben, die europäiſchen Raſſen mit einem ſo neuen und fremdartigen Schlage zu bereichern, niht ausführen. Jn Alexandria, bis wohin ih das Hündcen glü>li< gebracht hatte, ſtürzte es ſi<h aus dem zweiten Stockwerke eines Gaſthofes auf die Straße, wo es auf der Stelle tot blieb.“

Jn Weſtafrika begegnen wir teilweiſe anders gearteten Hunden, die wohl kaum no< von reiner Raſſe, ſondern mit europäiſchen aller Art vielfach gekreuzt ſind. Die von Loango und im weſtlihen Kongogebiete ſchildert Pechuel-Loeſche folgendermaßen: „Die Hunde, Mbua, Simbua der Eingeborenen, ſind größtenteils herrenlos und gehören bloß zu den Dorfſchaften, daher werden nur ſehr wenige mit Namen gerufen. Es ſind ete Pariahunde, verkümmert und mager, auf Selbſterhaltung angewieſen, feig, diebiſch, mißtrauiſch und ſ{nappiſh; Hündinnen ſind liebenswürdiger. Niemand thut ihnen zwar etwas zuleide, aber niemand nimmt Anteil an ihrem Ergehen; man verſpeiſt ſie auh niht. Sie nähren ſi< von Abfällen, freſſen wie alle Hunde den Kot der Menſchen, nagen das fettreiche Fleiſh von den Früchten der Ölpalme, fangen ſi< wohl auch kleinere Tiere, jagen aber niht vereint auf größere. Sie bellen nicht, lernen es aber bisweilen im Umgange mit Kulturhunden. Man findet ſie bei weitem nicht in allen Dörfern, in einigen aber in ziemlicher Anzahl. Sie leiden niht an Tollwut. Eine beſtimmte Raſſe läßt ſi< niht aufſtellen, denn ſie ändern je nah der Gegend vielfah ab. Dem Streifenwolfe ſind ſie nicht im geringſten ähnlih und dürfen wohl als ein Ergebnis vielfacher zufälliger Kreuzung eingeführter Hunde und örtlich beſ<hränkter Jnzucht angeſehen werden; denn ſchon vor Jahrhunderten fauften die Küſtenleute von den Sklavenhändlern um ſehr hohen Preis Hunde, die zu bellen verſtanden. Gegenwärtig iſt dieſe Liebhaberei abgekommen. Die Köter ſind von mittlerer Größe, fein und ſchlank gebaut, tragen die lange, leiht gekrümmte Rute gewöhnlih hängend, die großen, zugeſpißten Ohren aufrecht, beſißen einen feine8wegs abſtoßenden Geſichtsausdru> und halten ſich ſauber, ſind jedoch voller Ungeziefer. Bei einiger Pflege und reihliher Nahrung entwielten ſi<h mehrere binnen wenigen Wochen zu recht hübſchen eigenartigen Tieren, deren Charakter ſih ebenfalls zum Guten veränderte; ſie fanden Aufnahme im zoologiſchen Garten zu Berlin. Das Fell iſt kurzhaarig und glatt, vorherrſchend gelbbraun und mattweiß gefle>t, ſeltener gleihmäßig braun, auh iſabellfarbig, dann aber meiſt ohne Abzeichen. Jn einigen Dörfern von Großwürdenträgern finden ſich auch ſilbergraue und ſhwarz getigerte, entſchieden edlere Hunde mit klugen und ausdru>8volleren Köpfen, die in Jagdmeuten vereinigt und ſo hoh geſchäßt werden, daß wir keinen davon anfaufen konnten. Man läßt ihnen zwar keine Abrichtung, wohl aber einige Pflege angedeihen; dafür zeigen ſie Anhänglichkeit an den ſie führenden Jäger und folgen ſeinem Rufe.

„Eine 14 Köpfe ſtarke Meute beſaß unſer Freund und Nachbar, der Muboma von Yenga, und dieſe habe ih au< im Felde beobachtet. Die Mehrzahl der Tiere trug um den Hals die eigenartigen, aus Holz geſchnißten Klappern oder Glo>en, welche beſtimmt ſind, dur ihren allerdings niht lauten Lärm das Wild aufzuſcheuchen und zugleich in den undur<dringlihen Dikungen die Bewegungen der till ſpürenden und umherkriehenden Hunde anzuzeigen. Lettere geben ein kurz abſeßendes Winſeln von ſich, wenn ſie auf eine warme Fährte kommen, und ſtimmen ein jauchzendes Geläute an, ſolange ſie das Wild erblicken; ſie „reden“, wie die einheimiſchen Jäger ſagen. Beim Anſuchen fährt die Meute unruhig durcheinander, windet ſowohl hoh wie tief und nimmt ſtets die Hinfährte; ih ſah die