Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/2

96 Vierte Ordnung: Raubtiere; fünfte Familie: Hunde.

Geſellſchaften. Geſelligkeit iſt überhaupt ein Grundzug ihres Weſens und hat auf ihre Sitten den entſchiedenſten Einfluß. Sie freſſen alles, was der Menſch ißt, tieriſche Nahrung ebenſowohl wie pflanzliche, und beide im rohen Zuſtande niht minder gern als zubereitet. Vor allem aber lieben ſie Fleiſh, und zwar etwas fauliges mehr no< als das friſche. Wenn ſie es haben können, verzehren ſie Aas mit wahrer Leidenſchaft, und ſelbſt die wohlerzogenſten und beſtgehaltenen Hunde verſchlingen gierig die Auswurfsſtoffe des menſchlichen Leibes. Einzelne Arten ziehen Fleiſch aller übrigen Nahrung vor, andere achten es weniger hoh. Von gekochten Speiſen ſind ihnen mehlige, beſonders ſüße, die willkommenſten, und auh wenn ſie Früchte freſſen, ziehen ſie zu>erhaltige den ſäuerlichen vor. Knochen, gute Fleiſhbrühe, Brot, Gemüſe und Milch ſind die geeignetſten Nahrungsſtoffe eines Hundes, Fett und zu viel Salz dagegen ihm ſhädli<h. Auch mit Brot allein kann man ihn füttern und geſund erhalten, wenn man ihm nur immer ſeine Nahrung zu beſtimmten Zeiten reicht. Keine Speiſe darf ihm heiß gegeben werden; ſie muß immer lau ſein und ihm nux aus Geſchirren gereiht werden, welche man beſtändig rein hält. Wenn ein alter Hund ſich täglich einmal rect ſatt freſſen kann, hat er vollkommen genug Nahrung erhalten; beſſer jedo< iſt es, wenn man ihn zweimal füttert: gibt man ihm abends ſo viel, daß er genügend geſättigt iſt, ſo hütet er eifriger und ſicherer den ihm anvertrauten Poſten als ein hungriger, welcher leiht beſto<hen werden fann. Waſſer trinken die Hunde viel und oft, und zwar ſchöpfen ſie es mit der Zunge, indem ſie dieſe löffelförmig krümmen und die Spibe etwas na< vorn biegen; Waſſer iſt au< zur Erhaltung ihrer Geſundheit unbedingt notwendig.

Jn gewiſſen Gegenden haben die Hunde natürlih ihre eigene Nahrung. So freſſen ſie, wie bemerkt, auf Kamtſchatka und auh im größten Teile Norwegens bloß Fiſche, hingegen gewöhnen ſie ſi< da, wo viel Trauben gezogen werden, leiht an ſolche Koſt und thun dann großen Schaden. Bei Bordeaux haben, wie Lenz angibt, die Winzer das Recht, jeden Hund, welcher ſi<h ohne Maulkorb in den Weinbergen ſehen läßt, auf eine beliebige Art vom Leben zum Tode zu bringen. Man ſieht daher dort viele Hundegalgen, an denen die Verbrecher aufgehängt werden. Auch in den ungariſchen Weinbergen ſollen die Haushunde erheblihen Schaden anrichten, und unter unſeren Dächſeln gibt es niht wenige, die ſih mit Geſchi>, nötigen Falls kletternd, ſüßer Trauben zu bemähtigen ſuchen. Überflüſſige Nahrung verſcharren die Hunde, bewachen ſie eiferſüchtig, kehren bei Gelegenheit zurü> und graben ſih den verborgenen Schaß wieder aus; aber es kommt auch vor, daß ſie derartige Orte vergeſſen. Um Knochenſplitter aus dem Magen zu entfernen, freſſen ſie Gras, namentlih ſol<hes von Que>en; als Abführmittel gebrauchen ſie Stachelkräuter.

Dex Hund kann vortrefflih laufen und ſhwimmen, ja auch bis zu einem gewiſſen Grade klettern, aber niht leiht, ohne Schwindel zu bekommen, an ſteilen Abgründen hingehen. Er ſchreitet und trabt in einer eigentümlichen ſchiefen Richtung. Bei eiligem Laufe iſt er im ſtande, große Sprünge zu machen, nicht aber fähig, jähe Wendungen auszuführen. Einige lieben das Waſſer außerordentlich; verwöhnte Hunde ſcheuen es in hohem Grade. Das Klettern habe ih an den Hunden hauptſähhlih in Afrika beobachtet. Hier erklimmen ſie mit großer Gewandtheit Mauern oder die wenig geneigten Hausdächer und laufen wie Katen mit unfehlbarer Sicherheit auf den ſhmälſten Abſäßen hin. Fn der Ruhe ſißt der Hund entweder auf den Hinterbeinen, oder legt ſih auf die Seite oder den Bauch, indem er die Hinterfüße auswärts, die Vorderfüße vorwärts und zwiſchen dieſelben ſeinen Kopf legt; ſelten ſtre>t er die Hinterbeine dabei auh nach rü>wärts aus. Große, ſhwere Hunde legen ſi< im Sommer gern in den Schatten und zuweilen auf den Rü>ken. Bei Kühle ziehen ſie die Füße an ſih und ſte>en die Schnauze zwiſchen die Hinterbeine. Die Wärme lieben alle, ebenſo eine weiche Unterlage; dagegen vertragen nur wenige eine De>e, welche ſie birgt, und mindeſtens die Naſe muß unter einer ſolchen hervorſhauen. Ehe ſih der