Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/2

Haushunde: Nahrung. Gebaren. Sinne. 97

Hund niederlegt, dreht er ſih einige Male im Kreiſe und ſcharrt ſein Lager auf oder verſucht dies wenigſtens zu thun. Das Scharren macht ihm Vergnügen; er kraßt oft mit Vor: der- oder Hinterbeinen glei<hſam zu ſeiner Unterhaltung.

Alle Hunde ſ<hlafen gern und viel, aber in Abſäßen, und ihr Shlaf iſt ſehr leiſe und unruhig, häufig au< von Träumen begleitet, welche ſie dur<h Wedeln mit dem Shwanze, dur< ZuEungen, Knurren und leiſes Bellen kundgeben. Reinlichkeit lieben ſie über alles: der Ort, wo ſie gehalten werden, und namentlih, wo ſie ſhlafen ſollen, muß immer ſauber ſein. Jhren Unrat ſeßen ſie gern auf kahlen Pläßen, beſonders auf Steinen, ab und de>en ihn bisweilen mit Miſt oder Erde zu, welche ſie mit den Hinterfüßen nah rü>wärts werfen. Selten gehen die männlichen Hunde an einem Haufen, Steine, Pfahle oder Strauche vorüber, ohne ſi hierbei ihres Harns zu entledigen, und zwar thun ſie dies, nah Linnés Angabe, wenn ſie über 9 Monate alt geworden ſind. Dagegen \{<wißen ſie ſelbſt beim ſtär ſten und anhaltendſten Laufe wenig; Speichel vertritt den Shweiß und träufelt an der Zunge herab, welche die Hunde, wenn ſie erhißt find, keuhend aus dem Maule ſtre>en.

Die Sinne des Hundes ſind ſcharf, aber bei den verſchiedenen Arten nicht gleihmäßig ausgebildet. Geru<h, Gehör und Geſicht ſcheinen obenanzuſtehen, und zwar zeihnen ſich die einen dur feineres Gehör, die anderen dur beſſeren Geruch vor den übrigen aus. Auch der Geſhmac iſ ihnen niht abzuſprechen, obwohl ſi derſelbe in eigentümliher Weiſe äußert. Alle Reizungen, welche ihre Sinneswerßzeuge zu ſehr anregen, ſind ihnen verhaßt. Am wenigſten empfänglich zeigen ſie ſi gegen das Licht, ſehr empfindlih aber gegen laute und gellende Töne oder ſcharfe Gerüche. GloÆengeläute und Muſik bewegt ſie zum Heulen; Kölniſches Waſſer, Salmiakgeiſt, Äther und dergleichen ruft wahres Entſetzen bei ihnen hervox, wenn man ſolche Dinge ihnen unter die Naſe hält. Der Geruch iſt bei manchen in außerordentlicher Weiſe entwielt und erreicht eine Höhe, welche wir geradezu nicht begreifen fönnen. Wie wichtig der Geruchsſinn für das Leben der Hunde iſt, geht ſ{lagend aus Unterſuchungen hervox, welche Biffi und nah ihm Schiff anſtellten. Sie zerſchnitten ſäugenden Hunden den Riehnerven und den Riechkolben. Nachdem dies geſhehen war, krochen die Hündchen ſcheinbar geſund im Lager umher; aber ſie konnten die Ziben der Mutz ter niht mehr finden, und es blieb nichts anderes übrig, als ſie mittels einer Spriße zu ernähren. Sie machten Saugverſuche an einem erwärmten Schafspelze und merkten die Nähe der Mutter gewöhnlih erſt dur< Berührung. Als ſie zu laufen begannen, verirrten ſie ſi< und fanden das Lager nicht wieder. Fleiſch und Brot in der Milch ließen ſie liegen, zogen ſpäter das Fleiſh dem Brote niht vor, nahmen das Futter nur durch das Geſicht wahr und ließen ſi< deshalb leiht und in der allerſonderbarſten Weiſe täuſchen. Feuchtigkeit und Wärme eines Gegenſtandes leitete ſie dabei oft gänzlich fehl. Sie ließen trodenes Fleiſch liegen, le>ten aber den eigenen Harn und den eigenen Kot auf. Schweflige Säure und andere ſtarke Gerüche beachteten ſie gar niht; Ammoniak und Äther bewirkten nah längerer Zeit, aber erſt viel ſpäter als bei anderen Hunden, Nieſen. Als ſie größer wurden, zeigten ſie nicht die geringſte Anhänglichkeit an den Menſchen. r

Über das geiſtige Weſen der Hunde laſſen ſi<h Bücher ſchreiben; es dürſte alſo ſehr {wer mit kurzen Worten zu ſchildern ſein. Die mir am meiſten zuſagende Beſchreibung der Hundeſeele hat Scheitlin gegeben. „So groß die leibliche Verſchiedenheit der Hunde iſi“, ſagt er, „die geiſtige iſt noh viel größer; denn die einen Hundearten ſind völlig ungelehrig, die anderen lernen alles Mögliche augenbli>li<h. Die einen fann man nicht, die andern ſchnell gänzlich zähmen, und was die einen haſſen, das lieben andere. Der Pudel geht von ſelbſt ins Waſſer, der Spih will immer zu Hauſe bleiben. Die Dogge läßt ſich auf den Mann, der Pudel nicht hierzu abrichten. Nur der Jagdhund hat eine ſolche feine Spürnaſe; nur der Bärenhund beißt den Bären zwiſchen die Hinterbeine; nur der lange

Brehm, Tierleben, 3, Auflage. IL. 7