Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/2

98 Vierte Ordnung: Raubtiere; fünfte Familie: Hunde.

Dachshund, vem in der Mitte ein paar Beine zu mangeln ſcheinen, iſt ſo niedrig gebaut und ſo krummbeinig, um in Dachslöcher hineinkriehen zu können, und thut dies mit derſelben Wolluſt, mit welcher der Fleiſherhund in Bogen läuft und hinter den Kälbern und Rindern herheßt.

„Der Hund von Neufundland iſt es, welcher den Wolf nicht fürchtet, daher vortrefflih zur Herdenbewachung dient und meiſterhaft gräbt, ſ<hwimmt, tau<ht und Menſchen herausholt. Auch der Fleiſherhund mißt ſi<h mit dem Wolfe, iſt ein guter Herdenwächter, jagt auf wilde Schweine und jedes andere große Tier, iſt verſtändig und dem Herrn treu zugethan, geht aber niht ins Waſſer, wenn ex niht muß. Man benutzt und mißbraucht ihn zur Hetze, wodur<h er ganz nah pſychologiſcher Drdnung immer ſchärfer und beſonders gegen Kälber, welche, weil ſie niht aus\{hlagen, von ihm nicht gefürchtet werden, eine wahre Beſtie wird. Sein Blutdurſt iſt äußerſt widrig, und ſeine Wut, zu beißen, Blut zu trinken, Tierüberreſte herumzuzerren und zu freſſen, gehört zu ſeinen ſ{hle<teſten Eigenſchaften. Dem Windhunde wird beinahe aller Verſtand, Erziehungsfähigkeit und Treue an ſeinem Herrn ab-, dafür kindiſche Neigung, von Unbekannten ſi< ſ<hmeicheln zu laſſen, zugeſprochen; doh kann man ihn zur Jagd auf Haſen 2c. abrichten. Die Wachtelhunde deuten mit ihrem Namen auf das, wozu ſie von Natur taugen. Denn der Hund und jedes andere Tier muß dur irgend etwas von ſi<h aus kundthun, wozu es Luſt hat, ehe man es abrichten will. Zum bloßen Vergnügen, ſih im Arme ſanft tragen zu laſſen, mit der Dame auf dem Sofa zu ſ<hlafen, am warmen Buſen zu liegen, Ungünſtlinge anzuknurren, in der Stube zu bleiben, mit der Dame aus einem Glaſe zu trinken, von einem Teller zu ſpeiſen und ſich üſſen zu laſſen, dazu wird das Bologneſer- und Löwenhündchen gehalten. Am Fagdhunde wird ein ſcharfer Geru<h und viel Verſtand und die größte Gelehrigkeit nebſt treuer Anhänglikeit an ſeinen Herrn gelobt. Ebenſo verſtändig und ein guter Wächter iſt der Haus- oder der Hirtenhund. Der Spit oder Pommer ſoll klüger, gelehriger, lebhafter und geſchi>ter Art ſein und gern beißen, als Haushund wachſam und in einzelnen Abarten tü>iſ<h und falſ< ſein. Dem Menſchen ergeben, aber ohne ſeinen Herrn zu kennen, Schläge niht für<tend, unerſättlih und doh mit Geſchiklichkeit lange zu hungern fähig, gehört zur Kennzeihnung des Nordhundes. Der Doggen Art iſt Treue bei wenig Verſtand; ſie ſind gute Wächter, wilde, mutige Gegner auf wilde Schweine, Löwen, Tiger und Panther; ſie achten auch ihr eigenes Leben faſt für nihts, merken auf jeden Wink des Auges und der Hand, wie vielmehr auf das Wort ihres Herrn, laſſen ſih auf den Mann abrichten, nehmen es mit drei, vier Mann auf, berü>ſihtigen Schüſſe, Stiche und zerriſſene Glieder niht und balgen ſih mit ihresgleihen greulih herum. Sie ſind ſehr ſtark, reißen den ſtärkſten Men{hen zu Boden, erdroſſeln ihn, bannen ihn, auf ihm herumſpringend, auf eine Stelle, bis er erlöſt wird, und halten raſende Wildſchweine am Ohre unbeweglich feſt. Leitſam ſind ſie im höchſten Grade. Sie haben ein wenig mehr Verſtand, als man meint. Am tiefſten unter den Hunden ſteht unleugbar der Mops. Er iſt durch geiſtige Verſinkung entſtanden und kann ſi begreiflih dur ſi ſelbſt niht heben. Er erfaßt den Menſchen niht und der Menſch ihn nict.

„Dex Hundeleib iſt für die Zeihnung und Ausſtopfung ſchon zu geiſtig. Seine Seele iſt unleugbar fo vollkommen, wie die eines Säugetieres ſein kann. Von keinem Tiere können wir ſo oft ſagen, daß ihm vom Menſchen nichts mehr als die Sprache mangelt, von feinem Säugetiere haben wir ſo viele Darſtellungen aller Abänderungen, von keinem ſo eine außerordentliche Menge von Erzählungen, welche uns ſeinen Verſtand, ſein Gedächtnis, ſeine Erinnerungskraft, ſein Schließungsvermögen, ſeine Einbildungskraft oder ſogar ſittliche Eigenſchaften , als da ſind: Treue, Anhänglichkeit, Dankbarkeit, Wachſamkeit, Liebe zum Herrn, Geduld im Umgange mit Menſchenkindern, Wut und Todeshaß gegen die Feinde