Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/2

104 Vierte Ordnung: Raubtiere; fünfte Familie: Hunde.

10, bisweilen ſ<on na< 9 Monaten ſind ſie ſelbſt zur Fortpflanzung geeignet. Will man jie erziehen oder, wie man gewöhnlich ſagt, abrihten, ſo darf man nicht allzulange zögern. Die Anſicht älterer Jäger und Hundezüchter überhaupt, daß ein junger Hund vor zurü>gelegtem erſten Lebensjahre zum Lernen zu klein und {wach ſei, iſt falſ<h. Adolf und Karl Müller, zwei ebenſo tüchtige Forſcher wie Jäger, beginnen den Unterricht ihrer Jagdhunde, ſobald dieſe ordentlih laufen können, und erzielen glänzende Erfolge. Jhre Zöglinge erhalten keinen bösgemeinten Sthlag, kaum ein hartes, höhſtens ein ernſtes Wort und werden die allervortrefſlihſten Fagdgenoſſen und Jagdgehilfen. Junge Hunde ſollen behandelt werden wie Kinder, nicht wie verſto>te Sklaven. Sie ſind ausnahmslos willige und gelehrige Schüler, achten ſehr bald verſtändig auf jedes Wort ihres Erziehers und leiſten aus Liebe mehr und Tüchtigeres als aus Furcht. Abrichter junger Hunde, welche ohne Stachelhalsband und Hebpeitſche nihts ausrihten können, ſind ungeſchi>te Peiniger, niht aber denkende Erzieher. Was man alles aus Hunden machen kann, gehört niht hierher oder würde uns wenigſtens zu weit von unſerer Aufgabe ablenken. Wer ſi< vom Hauſe aus niht mit der Abrichtung von Tieren befaßt hat, thut entſchieden am beſten, wenn er dies von einem darauf eingeübten verſtändigen Manne beſorgen läßt.

Der Hund tritt ſchon im zwölften Fahre in das Greiſenalter ein. Dieſes zeigt ſich an ſeinem Leibe ebenſowohl als an ſeinem Betragen. Namentlich auf der Stirn und der Shnauze ergrauen die Haare, das übrige Fell verliert ſeine Glätte und Schönheit, das Gebiß wird ſtumpf, oder die Zähne fallen aus; das Tier zeigt ſih träge, faul und gleichgültig gegen alles, was es früher erfreute oder entrüſtete; manche Hunde verlieren die Stimme faſt gänzz li<h und werden blind. Man kennt übrigens Beiſpiele, daß Hunde ein Alter von 20, ja ſogar von 26 und 30 Fahren erreicht haben. Doch ſind dies ſeltene Ausnahmen. Wenn niht Alters\{hwäche, endet eine der vielen Krankheiten , denen auch ſie ausgeſeßt ſind, ihr Leben.

Eine ſehr häufig vorkommende Hundekrankheit iſt die dur<h Schmaroßer verurſachte NRäude, die niht, wie man früher glaubte, eine Folge von mangelhafter Nahrung und Bewegung ſowie von Unreinlichkeit iſt. Funge Hunde leiden oft an der Staupe oder Hundeſeuche, welche in anſte>ender Entzündung der Schleimhäute beſteht und am häufigſten zwiſchen dem 4. und 9. Monate vorkommt. Wohl mehr als die Hälfte der europäiſchen Hunde erliegt dieſer Krankheit oder verdirbt doh durch ſie. Außerdem werden ſie alle von Shmaroßern, von denen man über ein Dugend kennt, geplagt. Sie leiden oft entſeßlih an Flöhen und Läuſen, und an gewiſſen Orten auch an Holzbö>en oder Ze>en. Erſtere vertreibt man bald, wenn man unter das Strohlager des Hundes eine Schicht Aſche auf den Boden ſtreut oder das Fell des Tieres mit perſiſhem Jnſektenpulver einreibt. Die Ze>en, welche die Hunde am meiſten peinigen, vertreibt man, indem man etwas Branntwein, Salzwaſſer oder Tabaksſaft auf ſie träufelt. Sie gewaltſam auszureißen, iſt niht ratſam, weil ſonſt leicht der Kopf in der Saugwunde ſte>en bleibt und dort Eiterung und Geſchwüre verurſacht.

„Viel ſchlimmer,“ ſchreibt Noll, „ſind ſchon kleine, dem bloßen Auge nicht erkennbare Tierchen, zwei Arten von Milben, wie ſolhe au< auf dem Menſchen und verſchiedenen Tieren Hautkrankheiten hervorrufen. Die RNäude des Hundes rührt von einer Grabmilbe (Sarcoptes squamiferus) her, die noh niht die Länge eines halben Millimeters erreiht und ſih in der Haut des Hundes Gänge gräbt, ähnlih wie die Kräßmilbe in der des Menſchen. Bei dem Hunde beginnt die Näude gewöhnlih am Kopfe, am Bauche, an der Shwanzwurzel und in den Gelenken, breitet ſi< aber nah und nach über den ganzen Körper aus. Auf der Haut entſtehen kleine Bläschen, die Flüſſigkeit ausſi>ern laſſen und ſih zu graugelben Kruſten und Borken ausbilden. Der Hund findet bei dem Kraßen und Reiben der kranken Stellen ſichtbare Befriedigung. Die Milben, die bei warmer Haut des Hundes, alſo z. B. bei Aufenthalt in dem Zimmer, munter werden, können dur<h Schaben