Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/2

Haushunde: Nolls Warnungen. 107

einzuwandern. Am meiſten in der Leber und Niere, aber niht ſelten auch in der Lunge, der Bauchhöhle, ja ſelbſt in dem Gehirne oder Rükenmarke bleiben die Embryonen endlih liegen, um ſi< zunähſt zu einer kleinen, mit wäſſeriger Flüſſigkeit gefüllten Blaſe, der Finne oder Echinokokkusblaſe, auszudehnen. Langſam zwar, aber unaufhaltſam wächſt dieſe mehrere Jahre (etwa fünf) weiter und weiter und kann in der Zeit die Größe eines Kinderkopfes, ja ſelbſt noh mehr und ein Gewicht von 6—9, ausnahms3weiſe ſelbſt von 15 kg erreichen. An der inneren Wand dieſer Blaſe ſproſſen ſchon ſehr bald in die innere Flüſſigfeit hinein ſehr fleine Bandwurmköpf<hen, außerdem aber auch fleine Blaſen, die ſih ab: trennen, in dem Jnnern der anfänglichen Blaſe ſhwimmen und den Knoſpungsvorgang in ihrem Fnnern wiederholen, ſo daß eine Echinokokfusblaſe ein merkwürdiges Gebilde iſt, gefüllt mit Waſſer, mit angewachſenen und freiſ<hwimmenden Blaſen, die wieder ähnliche Bildungen umſchließen, und mit einer Menge von Bandwurmköpfchen.

„Haben Hunde Gelegenheit, bei dem Schlachten von Rindern oder Schweinen weggeworfene Echinokokkusblaſen, wenn auc nur in Stücken, oder rohes Fleiſch, in dem kleine Finnen eingeſchloſſen ſein können, zu verzehren, dann bilden ſi in ihrem Dünndarme die verſhlu>ten Bandwurmköpfchen in wenigen Wochen wieder zu ganzen Bandwürmern aus, und dieſe ſtoßen ſehr bald wieder reife Glieder ab.

„BVegreiflicherweiſe iſt die Anweſenheit einer oder mehrerer ſolcher NRieſenfinnen in dem menſ<hlichen Körper mit der größten Gefahr verbunden, und faſt alle derartige Patienten ſind dem Tode verfallen, wenn niht eine Operation helfend eintritt; dieſe iſt aber nur in * dem Falle mögli, wenn die Ehinokokkusblaſe in der Leber ſizt. Anfänglich ohne bemerkbare Einwirkung drängt der Echinokokkus mit ſeinem Größerwerden das Organ auseinander, in dem ex liegt, und bringt ſ<ließli< deſſen Reißen und den Tod herbei. Manchmal kommt es auth vor, daß bei einer heftigen Bewegung die Finne ſelbſt plagt, ihren Fnhalt in die einſchließenden Organe entleert und gewiſſen Tod durch Erſti>ung oder Brand herbeiführt. Bilden ſich die Finnen in den Knochen, dann brechen dieſe ſehr bald. Fnnere Arzneien ſind gegen dieſes Übel ohne alle Wirkung. Am häufigſten kommt die Echinokokkusfranfheit auf der Jnſel Jsland vor, wo ſie früher den fünften Teil der Bevölkerung hinwegrafſte. Feder Bauer hält ſi< dort zum Ziehen der Shlitten etwa ein halbes Dußend Hunde, und ‘dieſe liegen mit dem Menſchen in einem Raume zuſammen, le>en die Gefäße aus, aus denen die Menſchen aßen, ſpielen mit den Kindern und übertragen leiht die Krankheit auf ihre Herren. Jn Deutſchland kommt ſie zum Glü ſelten vor, aber doch hört man bald da, bald dort von einem Falle und auch in Frankfurt kam ſie von Zeit zu Zeit zur Behandlung. So hatte ein Koch in einem hieſigen Hotel ein Schoßhündchen, das er viel auf den Armen trug; er ſtarb in einem hieſigen Spital am Echinokokkus.

„Um dem Übel mit Erfolg vorzubeugen, verwende man Sorgfalt auf die Fütterung des Haushundes, gebe dieſem alſo vor allem fein rohes Fleiſh zu freſſen. Schafft man ſich einen Hund an, dann empfiehlt es ſih, und beſonders wenn es ein Schoßhund iſt, das Tier einer Behandlung gegen Bandwürmer dur den Tierarzt unterwerfen zu laſſen. Jn allen Fällen unterlaſſe man es, mit dem Hunde zu vertraut zu verkehren. Man geſtatte ihm niht das Bele>ken von Händen und Geſicht, man nehme ihn niht auf den Shoß und noh weniger zu ſi in das Bett. Auch die Kinder ſind vor zu vertraulihem Umgange mit ihm zu warnen.

„Jn unſerer Gegend kommt häufiger in dem Hunde der gurkenkernähnlihe Bandwurm (Taenia cucumerina) vor, und merkwürdigerweiſe iſt derſelbe auh mehrfa<h bei Menſchen, beſonders bei fleinen Kindern beobachtet worden. Hier in Frankfurt z. B. wurde ſein Borfommen bei Kindern mehrmals mit Sicherheit feſtgeſtellt. Und wieder iſt es der Hund, dem allein die Schuld der Anſte>ung des Kindes beizumeſſen iſt. Der fragliche Bandwurm,