Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/2

108 Vierte Ordnung: Raubtiere; fünfte Familie: Hunde.

der oft im Hunde lebt, wird etwa 21 em lang und ſtößt hellrot gefärbte, 2 mw breite Glieder ab, die ſelbſtändig aus dem Hunde auskriehen. Solche Glieder werden leiht von dem auf dem Boden rutſchenden oder ſich wälzenden Hunde zerdrü>t und auf ſeinem Körper feſtgeklebt. Hier dienen ſie einer Hundelaus (Trichodectes canis) oder vielmehr dem Hundehaarlinge mit zur Speiſe. Es iſt dies niht etwa ein blutſaugendes, ſondern ein Haare und Hautſchuppen freſſendes Fnſekt, das aus den mitgefreſſenen Bandwurmeiern in ſeinem Körper winzige Finnen entſtehen läßt, alſo den Zwiſchenwirt für den im Hunde lebenden Gurkenkern-Bandwurm abgibt. Und wenn nun der Hund mit Zunge und Zähnen ſeine Haut reinigt und ſeine eigenen Haarlinge verſ<hlu>, dann kommen aus den Finnen derſelben wieder neue Bandwürmer. Wie oft ſieht man, daß Mütter und Kinderfrauen das liebe Hündchen von Kindern, die auf dem Arme getragen werden, ſtreicheln laſſen und dem Kinde ſelbſt die Hand über Kopf und Hals des Tieres führen. Sie ahnen nicht, daß unbemerkt dabei eine Hundelaus an der ſhweißigen Haut des Kindes kleben bleiben und dann leiht in den Mund desſelben kommen kann. Fn den Magen des Kindes gelangt, wird ſie verdaut, aus der in ihr eingeſchloſſenen Finne aber erwächſt in dem zarten Darme ein neuer Bandwurm.“

Die entſeglichſte Krankheit aber iſt die Tollheit, die Hundswut oder Lyſſa, dur welche zunächſt nicht bloß die übrigen Hunde und Haustiere, ſondern au< Menſchen aufs höchſte gefährdet werden. Gewöhnlich tritt dieſe fürchterliche Seuche exſt bei älteren Hunden ein, zumeiſt im Sommer bei ſehr großer Hive oder im Wintex bei allzu großer Kälte. Man erkennt die Wut daran, daß der Hund zunächſt ſein früheres Betragen ändert, tü>iſ{h-freundlih wird und gegen ſeinen Herrn knurrt, dabei eine ungewöhnliche S<hläfrigkeit und Traurigkeit zeigt, beſtändig warme Orte aufſucht, öfters na< dem Futter ſ{<leiht, ohne zu freſſen, begierig Waſſer, aber immer nur in geringer Menge zu ſi nimmt und ſi< überhaupt unruhig und beängſtigt gebärdet. Untrügliche Kennzeichen ſind auch, daß er ſeine Stimme ändert, indem der Anſchlag in ein rauhes, heiſeres Heulen übergeht, daß er ſeine Freßluſt verliert, nur mit Beſchwerlichkeit ſ{<hlu>en kann, geifert, einen trüben Bli> bekommt, gern viel fortgeht, ungenießbare Körper bele>t und verſchlingt, bei zunehmender Krankheit um ſi< ſ{<hnappt und ohne Urſache beißt. Jm Verlaufe der Krankheit tritt gewöhnlih Verſtopfung ein, die Ohren werden ſ<laff, das kranke Tier läßt den Shwanz hängen, ſein Auge wird matt, der Blik ſchielend. Später rötet ſih das Auge und wird entzündet. Der Hund iſt unempfänglich für Liebkoſungen, achtet niht mehr des Herrn Befehl, wird immer unruhiger und ſcheuer, ſein Bli ſtarr oder feurig, der Kopf ſenkt ſi tief herab, Augen- und Backengegend {wellen an, die Zunge wird ſtark gerötet und hängt aus dem Maule, an deſſen Seiten zäher Schleim herabläuft. Bald knurrt er bloß noh, ohne zu bellen, kennt auh Perſonen und zuleßt ſeinen eigenen Herrn niht mehr. So ſehr er nah Getränk le<hzt, ſo wenig vermag er es hinabzuſchlingen; ſelbſt wenn es ihm gewaltſam beigebracht wird, verurſacht es ihm Würgen und krampfhaftes Zuſammenziehen der Shlundmuskeln. Nunmehr tritt Scheu gegen das Waſſer und jede andere Flüſſigkeit ein. Er legt ſi<h niht mehr nieder, ſondern ſchleicht ſhielend mit geſenktem Schwanze unruhig umher.

Jegt erſt entwi>elt ſich die Krankheit entweder zur ſtillen oder zur raſenden Wut. Bei der ſtillen Wut ſind die Augen entzündet, aber trübe und ſtarr, die Zunge wird bläulich und hängt oft weit aus dem Maule heraus. Weißer Schaum überzieht die Mundwinkel; das Maul iſt immer offen, der Unterkiefer gelähmt und hängt ſchlaff herab. Mit eingezogenem Schwanze und geſenktem Kopfe läuft der Hund taumelnd und unſtet oft Meilen weit fort und beißt, was ihm in den Weg kommt, beſonders aber andere Hunde. Stößt er dabei auf ein Hindernis, welches ihm nicht geſtattet, den angenommenen Weg zu verfolgen, ſo taumelt er im Kreiſe herum, fällt öfters nieder und ſhnappt nah Luft.