Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/2

110 Vierte Drdnung: Raubtiere; fünfte Familie: Hunde.

bei Wolfsbiſſen nah 39 Tagen, in 293 Fällen bei Hundsbiſſen nah 78 Tagen, in 31 Fällen bei Katenbiſſen nah 80 Tagen. Eine von einem an Lyſſa leidenden Affen gebiſſene Perſon erkrankte, wie Langley Mills mitteilt, ſogar erſt nah 21 Monaten (?).

Eine einigermaßen überſihtlihe Zuſammenſtellung ſtatiſtiſher Angaben über das Auftreten der Hundswut iſt darum niht dur<zuführen, weil die vorhandenen Angaben weder einheitlih no< ausgiebig ſind. Jm Deutſchen Reiche kommt die Lyſſa verhältnismäßig am häufigſten in den öſtlichen Grenzgebieten vor, namentlih in Oſtpreußen, wohin ſie dur Hunde und Wölfe aus Rußland immer wieder eingeſchleppt werden mag. Dennoch iſt ſie für uns in Deutſchland infolge der getroffenen Vorkehrungen (Preußen: Regulativ vom 8. Auguſt 1835, Nr. 11, Tollwut, und Reich3geſeß, betreffend die Abwehr und Unterdrückung von Viehſeuchen, vom 23. Juni 1880) faſt bedeutungslos geworden; in den Jahren 18811884 ſind in Preußen, Bayern, Sachſen und Baden insgeſamt nicht ſo viele Menſchen der Tollwut erlegen, wie daran allein in London oder Paris in einem Jahre zu ſterben pflegen. Es unterliegt keinem Zweifel, daß das Maulkorbgeſez ſehr günſtig eingewirkt hat, mag es Herren und Hunden au< Unbequemlichkeiten bereiten, und niht minder günſtig muß auch die Verringerung des Hundebeſtandes dur< hohe Beſteuerung und durch die Vertilgung herrenloſer Köter wirken. Auch ſollen wutverdähhtige Hunde, welche gebiſſen haben, niht einfa< beſeitigt, ſondern eingeſperrt und zur Beobachtung gegeben werden, wie es das angeführte Regulativ $ 95 und 101 vorſchreibt. Fm Königreiche Preußen ſind Todesfälle infolge von Lyſſa vorgekommen im Jahre 1880: 10, 1881: 6, 1882: 4, 1883: 1, 1884: 0; und im ganzen Deutſchen Reiche erlagen in Hoſpitälern der Krankheit in den 3 Fahren 1883—85 nux je 5 Perſonen.

Von jeher ſind viele Mittel gegen die Lyſſa angeprieſen worden, aber man kann niht behaupten, daß ſie ſi< bewährt hätten, ſhon deshalb niht, weil zunächſt nicht feſtgeſtellt werden konnte, ob das Tier, das gebiſſen hatte, wirklih toll oder bloß wutverdächtig war. Das einzige ſicher wirkende Mittel konnte nur die Ausäßung der Wunden ſein, aber ſie mußte ſofort und gründlih beſorgt werden. Geſchah dies niht, war das Wutgift bereits in den Körper übergegangen, ſo hing es nur von Umſtänden ab, die der Menſch niht zu beherrſchen vermochte, ob Erkrankung und damit ſicherer Tod eintrat oder niht. Auch in ſolchen Fällen noh Rettung zu bringen, erſtrebt in neueſter Zeit Paſteur durch ſein Heilverfahren. Dieſes gründet ſih darauf, daß es möglich iſt, einer Krankheit dur<h Jmpfung vorzubeugen, wie z. B. den Menſchenblattern dur< die Kuhpo>enimpfung. Paſteurs Vorgehen beſteht darin, daß er das Nü>enmark wutkranker Tiere tro>net, in Fleiſchbrühe verreibt und dieſe Miſchung mehrmals unter die Haut ſprißt. Durch das Tro>knen wird das Nü>enmark einerſeits in ſeiner Giftigkeit abgeſhwächt und anderſeits in einen ſ{hüßenden Fmpfſtoff verwandelt. Seit 1885 ſind Tauſende von gebiſſenen Menſchen in dieſer Weiſe behandelt worden. Viele der Behandelten ſind zweifellos von Tieren gebiſſen, welche lediglih wutverdächtig waren; es bleibt aber eine große Anzahl von Perſonen übrig, welche durch Tiere gebiſſen worden ſind, die nahgewieſenermaßen wutkrank waren. Von dieſen Perſonen nun ſind einige troß, ja vielleicht ſogar erſt infolge der Jmpfung geſtorben, die bei weitem meiſten aber ſind dur< die Fmpfung vor ſicherem Tode bewahrt worden.

Das untrüglichſte Kennzeihen von der Geſundheit eines Hundes iſt ſeine kalte und feuhte Naſe. Wird dieſe tro>en und heiß, und trüben ſih die Augen, zeigt ſi< Mangel an Freßluſt 2c., ſo kann man überzeugt ſein, daß der Hund ſi< unwohl befindet. Beſſert ſih der Zuſtand des Leidenden nicht raſh, und fruchten die von einem tüchtigen Tierarzte verordneten Mittel nicht bald, ſo iſt wenig Hoffnung für Erhaltung des Tieres vorhanden; denn ernſte Krankheiten überſtehen nur wenige Hunde. Verwundungen heilen ſ{hnell und gut, nicht ſelten ohne jegliche Beihilfe; innerlichen Krankheiten ſtehen ſelbſt erfahrene Ärzte,