Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/2

Haushunde: Tollwut. Schußmaßregeln. Verwundung. IER

geſchweige denn Qua>ſalber, meiſt ratlos gegenüber, weil jene in auffallend kurzer Zeit das Ende herbeiführen.

Der Nuten, welchen der Hund dem Menſchen leiſtet, läßt ſi< kaum bere<hnen. Was er den geſitteten und gebildeten Völkern iſt, weiß jeder Leſer aus eigener Erfahrung; faſt noh mehr aber leiſtet er den ungebildeten oder wilden Völkerſtämmen. Auf den Südſeeinſeln wird ſein Fleiſh gegeſſen, ebenſo von verſchiedenen afrikaniſchen Völkerſchaften ſowie bei den Tunguſen, Chineſen, Esfkimos, den Fndianern Nordamerikas 2c. Fn China ſieht man oft Meßger, welche mit geſhlacteten Hunden beladen ſind; ſie müſſen ſih aber immer verteidigen gegen den Angriff anderer, noh frei umherlaufender Hunde, welche ſie ſcharenweiſe anfallen. Als beſonders feine Speiſe gilt eine mittelgroße, gedrungene, unſerem Spiße ähnelnde Raſſe, welche, wie es ſcheint, vornehmlich im Grenzgebiete der Wüſte Gobi vorfommt oder dort für die Tafel gezüchtet wird. Vor einigen Fahren war ein Paar Dieſer Tiere auf der Hundeausſtellung in London zu ſehen; ſie wurden viel angeſtaunt, und der Herzog von Norfolk ſoll ſie um 10,000 Mark für Züchtungszwe>e erworben haben. Hier ſei au< noch einer anderen Beziehung zwiſchen Menſh und Hund gedaht, die uns wohl ſchaurig und unheimlih berühren mag: ſeitdem Bernardin de Saint-Pierre dem Gedanken Ausdru> gab, daß das Eſſen von Hunden der erſte Schritt zur Menſchenfreſſerei ſei, hat die Völkerkunde viele Beobachtungen geſammelt, die allerdings geeignet ſind, die Auffaſſung zu bekräftigen, daß der Gebrauh, Hunde zu verſpeiſen, ein Vorläufer, Begleiter oder Überlebſel des Menſchenfreſſens iſt.

Aber auch dort, wo er regelmäßig oder bisweilen zur Nahrung verwendet wird, bleibt der Hund noch der Gefährte und Gehilfe des Menſchen; ſelbſt dem niedrigſt ſtehenden, Der ihn noh nicht einmal mit Rufnamen belegt, dient er in den Gleicherländern wenn nicht als Wächter, ſo doh als Warner, nüßt ihm bei der Jagd, und dem Nordländer, der ohne ihn faſt hilflos wäre, zieht er außerdem den Schlitten über die Eis- und Swhneewüſten ſeines Wohngebietes oder trägt des Jägers Ausrüſtung wie ein Laſttier auf dem Rücken. Im nördlichen Aſien werden Hundefelle zur Kleidung und ſelbſt in Deutſchland zu Müßen, Taſchen und Muffen verarbeitet. Aus Knochen und Sehnen bereitet man Leim; das zähe und dünne Hundeleder wird lohgar zu Tanzſchuhen und weißgar zu Handſchuhen, das Haar zum Ausſtopfen von Polſtern benußt. Hundefett dient zum Einſchmieren von Räderwerk 2c. und galt früher als Hausmittel gegen Lungenſchwindſucht. Sogar der Hundekot, „GriechiſchWeiß“ (Album graecum) genannt, weil die Griechen zuerſt auf ſeine Benußung aufmerftſam machten, war ein geſuchtes Arzneimittel. Auch im Kriege fanden Hunde Verwendung, niht, wie man jeßt beabſichtigt, als zwe>voll erzogene Warner und ſcnellfüßige, der Beobahtung leiht entgehende Boten, ſondern als wirklihe Mitkämpfer an Seite der Krieger. Als die Spanier die Länder der Neuen Welt ſih unterthan machten, ſpielten die Bluthunde bei ihren Unternehmungen keine geringe Rolle als Kampfgefährten, und manche dieſer Tiere waren um ihres Mutes, ihrer ausgezeihneten Thaten willen hoh gehalten und gefeiert wie irgend ein Held unter den beutegierigen Banden der Eroberer. Wie alle Mitwirkenden an jenen Raubzügen und Kämpfen erhielten auch dieſe Hunde, oder vielmehr für ſie ihre Herren, einen entſprehenden Anteil von der Beute. Später und noch bis in die neueſte Zeit war es gebräuchlich, entflohene Sklaven oder Eingeborene, die ſich der Botmäßigkeit der Europäer entzogen hatten, mittels Bluthunden in der Wildnis aufzuſpüren.

Schon ſeit den früheſten Zeiten wurde der Nußen der Hunde gewürdigt; die Behandlung, welche ſie erfuhren, und die Achtung, in der ſie ſtanden, war aber ſehr verſchieden. Sokrates hatte die Gewohnheit, bei dem Hunde zu ſhwören; Alexander der Große war über den frühzeitigen Tod eines Lieblingshundes ſo betrübt, daß er ihm zu Ehren eine Stadt mit Tempeln bauen ließ; Homer beſingt den Argos, den Hund des Odyſſeus,