Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/2

120 Vierte Ordnung: Raubtiere; fünfte Familie: Hunde.

eine andere niederreißt und dafür geſcholten wird, zieht er ſih {hamvoll zurü>, auf ſein Wildrecht verzihtend. Die Erziehung, welche er genießt, macht ihn unglaublich eitel. Ein edler Windhund frißt niemals von einem {mutigen Teller und trinkt nie Mil, in welche jemand ſeine Hand getaucht hat. Seine Erzieher haben ihn ſo verwöhnt, daß er die beſte Abwartung verlangt. Während man anderen Hunden kaum Nahrung reiht, ſondern ſie vielmehr zwingt, ſih mit dem Aaſe und mit den Knochen zu nähren, welche die Windhunde verſhmähen, während man ſie wütend aus den Zelten ſtößt und vom Tiſche wegjagt, ſ{läft der Windhund zur Seite ſeines Herrn auf Teppichen und nicht ſelten in einem Bette mit ſeinem Beſizer. Man kleidet ihn an, damit er niht von der Kälte leide; man belegt ihn mit Deen wie ein edles Pferd; man gibt ſi< Mühe, ihn zu erheitern, wenn er mürriſ< iſt, alles dies, weil ſeine Unarten, wie man ſagt, ein Zeichen ſeines Adels ſind. Man findet Vergnügen darin, ihn zu ſ{hmüd>en; man legt ihm Halsbänder und Muſcheln um und behängt ihn, um ihn vor dem böſen Bli>ke zu ſhüßen, mit Talismanen; man beſorgt ſeine Nahrung mit größter Sorgfalt und gibt ihm überhaupt nux das Eſſen, welches man ſelbſt für Leckerbiſſen hält. Und nicht genug damit: der Windhund begleitet ſeinen Herrn, wenn dieſer ſeine Beſuche macht, empfängt wie dieſer die Gaſtfreundſchaft im vollſten Maße, erhält ſogar ſeinen Teil von jedem Gerichte.

„Der edle Windhund jagt nur mit ſeinem Herrn. Solche Anhänglichkeit und die Reinlichkeit des Tieres vergilt die Mühe, welche man ſi< mit ihm gibt. Wenn nach einer Abweſenheit von einigen Tagen der Herr zurückkommt, ſtürzt der Windhund jau<zend aus dem Zelte hervor und ſpringt mit einem Sage in den Sattel, um den von ihm [{<merzli< Vermißten zu liebkoſen. Dann ſagt der Araber zu ihm: „Mein lieber Freund, entſchuldige mich, es war notwendig, daß ih dich verließ; aber ih gehe nun mit dir: denn ih brauche Fleiſch, ih bin des Datteleſſens müde, und du wirſt wohl ſo gut ſein, mir Fleiſch zu verſchaffen.“ Der Hund benimmt ſi bei allen dieſen Freundlichkeiten, als wiſſe ex ſie Wort für Wort in ihrem vollen Werte zu würdigen. Wenn ein Windhund ſtirbt, geht ein großer Schmerz dur das ganze Zelt. Die Frauen und Kinder weinen als ob ſie ein teueres Familienglied verloren hätten. Und oft genug haben ſie auch viel verloren; denn der Hund war es, welcher die ganze Familie erhielt. Ein Slugui, welcher für den armen Beduinen jagt, wird niemals verkauft, und nur in höchſt ſeltenen Fällen läßt man ſi herbei, ihn einem der Verwandten oder einem Marabut, vor dem man große Ehrfurht hat, zu ſchenken. Der Preis eines Slugui, welcher die größeren Gazellen fängt, ſteht dem eines Kameles gleich; für einen Windhund, welcher größere Antilopen niederreißt, bezahlt man gern ſo viel wie für ein ſ{önes Vferd.“

Die Perſer benußen ihre Windhunde, welche den afrikaniſhen außerordentlih ähneln, ebenfalls hauptſächlih bei der Antilopenjagd, ſtellen ihnen aber in ihren Beizfalken vortreffliche Gehilfen. Alle vornehmen Perſer ſind leidenſchaftlihe Freunde dieſer gemiſchten oder vereinigten Heßjagden und wagen bei wahrhaft haarſträubenden Nitten ohne Bedenken ihr Leben. Sobald ſie in ihrer Cbene eine Antilope erbli>en, laſſen ſie den Beizfalken ſteigen, und dieſer holt mit wenig Flügelſchlägen das ſih flühtende Säugetier ein und zwingt es auf eigentümlihe Weiſe zum Feſtſtehen. Geſchikt einem Stoße des ſpißen Hornes ausweichend, ſchießt er ſchief von oben herab auf den Kopf der Antilope, ſ{hlägt dort ſeine gewaltigen Fänge ein, hält ſi tros alles Schüttelns feſt und verwirrt das Tier dur Flügelſchläge, bis es niht mehr weiß, wohin es ſih wenden ſoll, und ſo lange im Kreiſe herumtaumelt, bis die Windhunde nachgekommen ſind, um es für ihren Herrn feſt zu machen. Außerdem benußt man leßtere zur Jagd des Ebers und des wilden Eſels welcher dem Jäger und ſeinem ſchnellen vierfüßigen Gehilfen viel zu ſhaffen machen ſoll. Seinem natürlichen Triebe folgend, eilt der aufgeſheuchte Wildeſel augenbli>lih den felſigen Abhängen zu, in