Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/2

Dächſel: Mut. Jagdbegiex. 139

hat; unermüdli<h jagt er hinter dem Rehe drein und vergißt dabei vollſtändig Raum und Zeit. Ermüdet er, ſo legt er ſi hin, ruht aus und ſeßt dann ſeine Jagd fort. Erwiſcht er ein Wild, z. B. ein Kaninchen, ſo ſchneidet er es an und frißt im günſtigſten Falle die Eingeweide, wenn er aber ſehr hungerig iſt, das ganze Tier auf. Er weiß, daß er dafür beſtraft werden wird, er verſteht genau, daß er unrecht thut; doch das iſt ihm gleichgültig: die Jagdbegierde überwindet alle Furht vor Strafe, alle beſſeren Gefühle. Aus dieſen Gründen iſt der Dachshund gewöhnlih nux zu einer Fagdweiſe zu gebrauchen: unterirdiſh wohnende Tiere aus ihren Wohnungen zu treiben. Schon ſein niederer Bau, die krummgebogenen Beine und die kräftigen Pfoten mit den ſcharfen Krallen deuten darauf hin, daß er zum Graben und zum Befahren von Bauen unter Grund außerordentlich geeignet iſt, und ſein Mut, ſeine Stärke und ſeine Ausdauer ſichern ihm bei ſolchen Jagden den beſten Erfolg. Je nah Größe und Bau unterſcheidet man einen leichten, mittleren und ſ{hweren

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Dä ſel (Canis familiaris vertagus). % natürl. Größe.

Schlag von Dachshunden und auc geradläufige, eine Kreuzung zwiſchen krummläufigen Dächſeln und Stöberhunden, die ſih weniger zur unterirdiſchen, dafür aber um ſo beſſer zur oberirdiſchen Jagd eignen.

Einer Abrichtung bedarf der Dahshund niht. Man ſucht ſi< Junge von einer re<t guten Alten zu verſchaffen und hält ſie im Sommer in einem freien Zwinger, im Winter in einem warmen Stalle, vermeidet auch alles, was ſie einſhüchtern könnte; denn der ihnen angeborene Mut muß unter allen Umſtänden geſtählt oder wenigſtens erhalten werden.

Vom Dachſe oder Fuchſe wird unſer Hund oft ſehr heftig gebiſſen; dies behelligt ihn aber gar niht: ex iſt viel zu mutig, als daß er dergleichen ruhmvolle, im Kampſe erworbene Wunden beachten ſollte, und brennt nahher nur um ſo eifriger auf die Verfolgung der ihm unausſtehlihen Geſchöpfe. Man muß es ſelbſt mit angeſehen haben, mit welcher Begierde er ſolche unterirdiſche Jagd betreibt, um den troß mancher ärgerlichen Eigenſchaften liebenswürdigen Geſellen vom Herzen zugethan zu werden. Welche Ungeduld, wenn er niht ſogleich einſhlüpfen darf, welcher Jammer, wenn er ſehen muß, daß ein anderer ſeinesgleichen ihm bevorzugt und in den Bau gelaſſen wird! Am ganzen Leibe zitternd vor Fagdbegier, winſelt er kläglich, aber leiſe, verhalten, verſchwendet ex an jeden ihm ſih nähernden Jäger bittende Blicke und Zärtlichkeiten, um den geſtrengen Gebieter zu erweichen, daß er ihm geſtatte, wenigſtens nachzuſehen, ob der gehaßte Feind in ſeinem Daheim anweſend