Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/2

Volksglaube. Allgemeines. 3

abgehalten: „Hört, o ihr Gläubigen, auf die Stimme der Weſen, welche ihr für Hyänen haltet; gleicht ſie wohl der Stimme eines Tieres? Sicherlich niht! Gleicht ſie nicht viel: mehr dem Weherufe eines jammernden Menſchen? Gewiß! D, ſo glaubet mir, daß dieſe, welche ihr für Tiere haltet, nichts andres als große Sünder ſind, welche über ihre entſeßliche Miſſethat jammern und klagen. Und wird dieſe Stimme nicht zugleih dem Gelächter eines Teufels gleih? So glaubet, daß der Verworfene aus ihnen ſpriht! Wiſſet, daß von dieſen Zauberweſen ſhon großes Unheil geſtiftet worden iſt. Jh kenne einen jungen Mann, der eine Hyäne tötete. Er fühlte ſich am anderen Tage {hon vollkommen entmannt: er war zu einem Weibe gewandelt worden. Jh kenne einen anderen, deſſen Gebein von Stunde an vertro>nete, nahdem er einen ſolhen Zauberer getötet hatte. Laßt ab, meine Brüder!“ Mir thaten es, und die ganze Nacht hindurh hörte ih das Heulen der Hyänen. Es war, als ob ſi die Diener des Teufels (Gott ſhüße uns vor ihm!) geſtritten hätten. Das waren feine Tiere, das waren wirkliche Zauberer, das waren die Söhne des Verfluchten. Meine Glieder zitterten vor Schre>en, meine Zunge ward dürr; meine Augen dunkelten, ih {li< mich unter Zagen hinweg und ſuchte mein Lager. So glaube auch du mir, daß du Übles thuſt, wenn du dein Gewehr auf jene abfeuerſt, die du für Tiere hältſt. Zwar ſind ſie, die hölliſchen Zauberer, verflucht und die Söhne des Verfluchten; ihnen wird nie das Glüd blühen: ſie werden nimmermehr die Freuden des Vaters genießen und beſäßen ſie einen Harem glei< dem des Sultans; ſie werden das Paradies nie zu ſehen bekommen, ſondern in der tiefſten Nacht der Hölle wimmern und ewig verloren ſein: aber dem Frommen iſt es niht zuträglich, ſie aufzuſuchen, und di, o Herr, habe ih als gere<ten Mann erkannt; darum vernimm denn meine Warnung!“

Das Märchen und die Sage ſucht ſih immer ſeine Geſtalten. Ein Tier, von welchem viel Wunderbares berichtet oder geglaubt wird, muß irgend etwas Abſonderliches in ſeiner Geſtalt zeigen. Dies finden wir denn auch bei den Hyänen (Hyaenidae) beſtätigt. Sie ähneln den Hunden und unterſcheiden ſih gleihwohl in jedem Stücke von ihnen; ihr Anbli> iſt keineswegs anmutig, ſondern entſchieden abſtoßend. Alle Hyänen ſind häßlich. Einzelne Forſcher ſahen ſie als Zwittergeſtalten zwiſchen Hund und Kate an; wir aber können dieſer Anſhauung nicht beipflichten, weil die Hyänen eine ganz eigentümliche Geſtalt für ſih ſelbſt haben. Der Leib iſt gedrungen, der Hals di>, der Kopf ſtark und die Schnauze kräftig und unſchön. Die krummen, vorderen Läufe ſind länger als die hinteren, wodur< der Nü>en abſchüſſig wird, die Füße durhweg vierzehig. Die Ohren ſind nux ſpärlich behaart und unedel geformt; die Augen liegen ſchief, funkeln unheimlih, unſtet und zeigen einen abſtoßenden Ausdru>. Der dicke, ſcheinbar ſteife Hals, der buſchig behaarte Shwanz, welcher niht über das Ferſengelenk hinabreicht, und der lange, lo>ere, rauhe Pelz, welcher ſih längs des Rückens in eine ſ{weinsborſtenähnlihe Mähne verlängert, die düſtere, nähtige Färbung der Haare endlich: dies alles vereinigt ſi, den ganzen Eindru> zu einem unangeneh: men zu machen. Zudem ſind alle Hyänen Nachttiere, beſißen eine widerwärtige, mißtönende, freiſhende oder wirklih gräßlih lachende Stimme, zeigen ſih gierig, gefräßig, verbreiten einen übeln Geru< und haben nur unedle, faſt hinkende Bewegungen, offenbaren auch gewöhnlich etwas ganz Abſonderliches in ihrem Weſen: kurz, man kann ſie unmöglih ſchön nennen. Die vergleichende Forſchung findet noh andere ihnen eigentümliche Merkmale auf. Das Gebiß kennzeichnet den ausſchließlichen Fleiſchfreſſer. Die außerordentliche Stärke der plumpen Zähne ſett das Tier in den Stand, die Überbleibſel der Nahrung anderer Fleiſchfreſſer no für ſih nubbar zu machen und die ſtärkſten Knochen zu zerbrechen. Beim Hunde bilden die Schneidezähne in ihrer Reihe einen Kreisabſchnitt, bei den Hyänen ſtehen ſie in einer geraden Linie und entſprechen dadurch der vorn breiten, abgeplatteten Schnauze. Die Schneidezähne ſind ſehr entwi>elt, die Ekzähne ſtumpfkegelig, die Lückenzähne durch ihre ſtark

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