Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/2

156 Vierte Ordnung: Raubtiere; fünfte Familie: Hunde.

an deine heilige Pflicht wie ein frommer, Gott wohlgefälliger Menſch. Sowie du nur von fern die Ankunft von Nebel und Schneewetter ſahſt, eilteſt du fort.

„So thateſt du unermüdlih, ohne Dank zu wollen, zwölf Jahre. J<h hatte die Ehre, auf dem Bernhard di kennen zu lernen. Jh zog den Hut, wie ſich's gebührte, ehrerbietig vor dir ab. Du ſpielteſt ſoeben mit deinen Kameraden, wie Tiger miteinander ſpielen. JG wollte mi<h mit dir befxeunden: aber du murrteſt, denn du kannteſt mi niht. J<h aber kannte ſhon deinen Ruhm und deinen Namen und ſeinen guten Klang. Wäre ih unglü>lih geweſen, du würdeſt mi<h niht angemurrt haben. Nun iſt dein Körper au3geſtopft üm Muſeum zu Bern. Die Stadt that wohl daran, daß ſie dich, da du alt und \{<wa<h geworden und der Welt niht mehr dienen konnteſt, ernährte, bis du ſtarbſt. Wer deinen Körper wohl ausgeſtopft nun in Bern ſieht, ziehe den Hut ab und kaufe dein Bild daſelbſt und hänge es in Rahmen und Glas an die Wände ſeines Zimmers und kaufe dazu auh das Bild des zarten Knaben auf deinem Rücken, wie du mit ihm vor der Kloſterpforte ſtehſt und Élingelſt, und zeige es den Kindern und Schülern und ſage: gehe hin und thue desgleichen, wie dieſer barmherzige Samariter that, und werfe dafür von den Wänden die Bilder von Nobespierre, Marat, Hanni>el, Abellino und andere Mörder- und Raubbildniſſe zum Fenſter hinaus, auf daß das junge Gemüt von Hunden lerne, was es beim Menſchen verlernte.“

Auch auf dem Gotthard, dem Simplon, der Grimſel, Furka und allen anderen Hoſpizen werden, na<h Tſchudi, vorzügliche Hunde gehallen, welche eine äußerſt feine Witterung des Menſchen beſigen, öfters Neufundländer oder Baſtarde von ſolchen. Die Hoſpizbewohner verſichern überall, daß dieſe Tiere beſonders im Winter das Nahen eines Wetters ſhon auf 1 Stunde vernehmen und duxr< unruhiges Umhergehen untrüglih anzeigten. So hoch berühmt aber wie Barry iſt kein anderer Hund von ihnen allen geworden.

Ein Seidenhund iſ auch der allbekannte Pudel (Canis tamiliaris extrarius genuinus). Fhn zu beſchreiben, erſheint unnötig, da er ſo ausgezeihnet iſt, daß jedermann ihn kennt. Der gedrungene Körperbau mit den langen, wolligen, zottigen Haaren, welche hier und da förmliche Locken bilden und den ganzen Hund dicht einhüllen, die langen und breiten Ohren kennzeihnen ihn vor ſeinen übrigen Verwandten. Ein {öner Pudel muß ganz weiß oder ganz ſ{<warz ſein, oder darf höchſtens bei ganz ſhwarzer Farbe einen weißen Stirn- oder Bruſtfle>en haben.

Der Pudel bekundet durch ſeine Liebe für das Waſſer ſeine Verwandtſchaft mit den übrigen Seidenhunden. Er ſ{wimmt gut und gern und kann wohl auch zur Jagd abgerihtet werden. Weit mehr eignet er ſi<h zum Geſellſchafter des Menſchen, und als ſolcher leiſtet er das Größte, was überhaupt ein Tier zu leiſten vermag. Um ihn zu kennzeichnen, borge ih mir die Worte Scheitlins, eines ſeiner wärmſten Verehrer. „Der Pudel iſt unter allen Hunden am beſten gebaut. Er hat die ſchönſte Kopfform, den wohlgebildetſten Leib, die ſchönſte Geſtalt, eine volle, breite Bruſt, wohlgebaute Beine, iſt niht hoh und niht niedrig, niht lang und niht kurz und ſtellt ſi<h am würdigſten dar. Schon körperlich iſt er zu allen Künſten vorzugsweiſe geeignet. Tanzen kann er von ſelbſt lernen; denn ſeine halbmenſchliche Natur treibt ihn, ſih an ſeinem Herrn aufzurichten, auf zwei Beine zu ſtellen und aufrecht zu gehen. Bald genug merkt er, daß er es könne, und er thut es ſehr oft von ſelbſt, wenn er will. Sein Geſhma>sſfinn iſt fein; ex unterſcheidet zwiſchen Speiſen ſehr genau; er iſt ein Le>ermaul. Sein Geruchsſinn iſt berühmt. Gibt man ihm von einem verlorenen Kinde einen Schuh oder ſonſt etwas zu riechen, ſo kann er durch die Feſthaltung des Eindru>s dieſes Geruches das verlorene Kind von ſelbſt finden. Kaum jemals täuſcht er ſih: ihm iſt der Geruch als Erkennungs8vermögen angewieſen. Er fühlt auch fein. Für