Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/2

Bernhardinerhund. Pudel. 157

körperlihe Schmerzen iſt er ſehr empfindlih; er iſt wehleidig. Sein Gehör iſt vortrefflich. Von weitem kennt ex die Stimme, unterſcheidet ſie au<h dem Sinne nach, kennt den Unterſchied der Gloæen und Klingeln, kennt die Art und Weiſe und den Ton des Schrittes ſeiner Hausgenoſſen. Aber ſein Geſicht iſt zurü>geblieben: er ſieht niht gut, er kennt ſeinen Herrn dur das Geſicht nur, wenn er ziemlih nahe iſt.

„Der Ortsſinn iſt im Pudel ausgezeihnet. Er findet den Weg nach Hauſe ſtundenund tageweit her. Er läuft in der Stadt oder auf dem Lande willkürli<h herum und beſucht, mit der Gewißheit zu finden, irgend ein Haus, in welchem er mit ſeinem Herrn, ſei

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es au< nur einmal, geweſen, in welhem ihm wohlgethan worden iſt. Deshalb kann er abgerichtet werden, Brot beim Bäer, Fleiſh beim Schlächter zu holen. Sein Zeitſinn iſt merkwürdig; er merkt an den Tagen, daß der Sonntag kommt; er kennt, wie der hungrige Menſch, die Mittagsſtunde und die S<hlachttage im Schlachthauſe. Die Farben kennt er genau und unterſcheidet die Dinge mit Hilfe derſelben deutlih. Sonderbar iſt der Eindruk der Muſik auf ihn: manche Werkzeuge kann er wohl leiden, andere gar niht. Er hat ein außerordentlih ſ<arfes Wahrnehmungsvermögen. Nichts entgeht ihm, und darum heißt er geſcheit. Er iſt ein vollkommener Beobachter und lernt deshalb nicht bloß die Worte, ſondern auh die Mienen und Blicke ſeines Herrn ausgezeihnet verſtehen. Sein Gedächtnis iſt in hohem Grade treu. Jahrelang bleibt ihm die Form und die Farbe ſeines Herrn in der Seele; jahrelang verliert er den Weg irgendwohin niht. Man nennt den Hund ſchon wegen ſeines unterſcheidenden Geruchsfinnes geſcheit: wie viel mehr wird man ihn wegen