Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/2

168 Vierte Ordnung: Raubtiere; fünfte Familie: Hunde.

Jagdgeſellſhaft niht, auf einen Trupp von zwölf Wölfen zu feuern, welche einige Eskimos bedrohten, weil ſie, über die Art der Tiere im Ungewiſſen, fürchteten, einige von den Hunden zu töten, welche den einzigen Reichtum jener gutmütigen Menſchen ausmachen. Der Eskimohund raubt und ſtiehlt wie nur einer, iſt auf der anderen Seite aber auh wieder ſo hündiſh demütig, wie nur ein von Furcht gepeinigter Sklave es ſein kann. Vor den Schlitten wird gewöhnlich ein ziemlich ſtarker Trupp geſpannt, welcher unter Leitung eines älteren und erfahrenen Hundes ſeinen Weg verfolgt; von einer Lenkung des Schlittens nah unſeren Begriffen ſeitens des Menſchen kann keine Rede ſein. Jeder einzelne Hund iſ an einen Lederriemen geſpannt, welcher vermittelſt eines höchſt einfahen Kumtes an ihm befeſtigt wurde; in den Hudſonbailändern werden die Hunde auch voreinander geſchirrt. Gelegentlih geraten ſie während der Fahrt in eine Beißerei; das ganze Geſpann verwirrt {ih in einen undur<dringlihen Knäuel; alles knurrt, bellt, beißt, wütet durcheinander, und nicht einmal die mit Macht geſ<hwungene Peitſche des Schlittenführers bringt Ordnung in den Haufen. Endlich iſt die Verwirrung ſo groß geworden, daß an keine freie Bewegung mehr zu denken iſt, und nun liegt es dem Führer ob, die Tiere zu löſen und von neuem einzuſpannen. Ohne dieſes Haustier würden die Nordländer nicht beſtehen können. Die Hunde leiſten ihnen alle denkbaren Dienſte. Mit einer Bürde von 10—15 kg beladen, begleiten ſie ihre Herren, wenn dieſe zu ihren langdauernden Jagden aufbrehen. Jhrer 6—10 ziehen einen Schlitten, welcher 300—400 ks tragen mag, und dur<laufen mit ihm unter günſtigen Umſtänden in einem Tage bedeutende Stre>en, man ſagt bis 40 und 50 km, bei leiter Laſt bis 80 km. Spüren fie unterwegs ein Wild, ſo rennen ſie oft wie raſend ihm nach, außerdem helfen ſie bei Jagden, halten Wacht, verteidigen ihren Herrn in Gefahr und leiſten noh hundert andere Dienſte. 2

Wie gedachte Hunde und ihre Verwandten benußt werden, hat trefflih ſhon Steller geſchildert: „Unter den zahmen Tieren auf Kamtſchatka gebührt den Hunden wegen Altertums und Nußens das Vorrecht, und ſie allein machen die ganze Klaſſe der kamtſchadaliſchen zahmen Tiere aus. Die Kamtſchadalen behaupten, daß ſich ihr Adam, Kuttka, vormals der Hunde niht bedient, ſondern den Schlitten ſelber gezogen habe. Damals hätten die Hunde wie Menſchen geredet. Es ſei aber einſtmals geſchehen, daß Kuttkas Nahkommen in einem Kahne den Fluß abwärts getrieben. Als ſie nun am Ufer einige zottige Hunde erbli>t und dieſe ihnen zugerufen: „Was ſeid ihr für Leute?“ ſo hätten ſie niht geantwortet, ſondern wären hurtig vorbeigeſ<wommen. Darüber hätten ſih die Hunde dergeſtalt erzürnt, daß ſie beſchloſſen, künftig kein verſtändiges Wort mehr mit irgend einem Menſchen zu ſprechen, welches ſie auch bis zu dieſer Stunde gehalten. Doch wären ſie noh ſo neugierig, daß ſie alle Fremden anbellten und befragen wollten, wer ſie ſeien und woher ſie kämen.

„Dhne dieſe Hunde kann hier jemand ſo wenig leben wie an anderen Orten ohne Pferd und Rindvieh. Die kamtſchatkiſchen Hunde ſind verſchiedenfarbig, hauptſächlich aber dreierlei: weiß, ſ{hwarz und wolfsgrau, dabei ſehr di>- und langhaarig. Sie ernähren ſih von alten Fiſchen. Vom Frühjahr bis in den ſpäten Herbſt bekümmert man ſih niht im geringſten um ſie, ſondern ſie gehen allenthalben frei herum, lauern den ganzen Tag an den Flüſſen auf Fiſche, welche ſie ſehr behende und artig zu fangen wiſſen. Wenn ſie Fiſche genug haben, ſo freſſen ſie, wie die Bären, nur allein den Kopf davon, das andere laſſen fie liegen. Fm Oktober ſammelt jeder ſeine Hunde und bindet ſie an den Pfeilern der Wohnung an. Dann läßt man ſie weidlih hungern, damit ſie ſih des Fettes entledigen, zum Laufen fertig und niht engbrüſtig werden mögen, und alsdann geht mit dem erſten Schnee ihre Not an, ſo daß man ſie Tag und Nacht mit gräßlihem Geheul und Wehklagen ihr Elend bejammern hört. Jhre Koſt im Winter iſt zweifah. Zur Ergögung und Erſtärkung dienen ſtinkende