Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/2

172 Vierte Ordnung: Raubtiere; fünfte Familie: Hunde.

unentbehrlichen Reiſe- wie Fagdgehilfen re<t gut. Sie werden gewöhnlich zu vieren in langer Linie voreinander vor den leichten Schlitten geſpannt und werden, wenn ſie ſih, wie es bei hartem Schnee öfters geſchieht, die Pfoten wundlaufen, mit einer Art Shuhwerk aus Fell verſehen, welches über die Füße gezogen und mit Riemen befeſtigt wird. Bei alten Hunden iſt dieſe Vorkehrung allerdings ſehr ſelten notwendig, denn dieſe pflegen die Eiszapfen, welche beim Ziehen ſi<h zwiſchen den Zehen bilden, von Zeit zu Zeit ſelbſt wegzubeißen; aber junge Hunde ſind noh zu unexfahren, und deshalb muß der Menſch in der angegebenen Weiſe für ſie ſorgen. Übrigens vergelten dieſe ausgezeihneten Tiere die gute Behandlung auh dur< vorzügliche Dienſte, dur<h große Treue und Anhänglichkeit und werden ihren Herren lieb und wert als Gefährten. Butler hat ſeinen Esfkimohund Cerfvola, der mit ihm während zweier Reiſen in der nordiſhen Wildnis Amerikas Tauſende von Kilometern zurü>legte und ſ{<ließli<h den Erdteil zweimal durhkreuzte, im Bilde verewigt, ſogar in Gedichten gefeiert.

So kann man für unſere Tiere wohl das Wort Zoroaſters gelten laſſen: „Durch den Verſtand des Hundes beſteht die Welt.“

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Die Füchſe (Vulpes) unterſcheiden fih von den Wölfen durch den Bau ihres Gebiſſes zwar niht weſentlih, wohl aber dur den langgeſtre>ten Leib, den geſtre>ten, ſpißſ<hnauzigen Kopf, den in der Regel länglihrunden, etwas ſchief ſtehenden Augenſtern, die niederen Läufe, den ſehr langen, di>buſchig behaarten Schwanz ſowie den nur ſ<hwa<h gebogenen, faſt wagerehten, am Vorderrande ſeicht vertieften Brauenfortſaß des Stirnbeins merklich genug, um ſie in einer beſonderen Gattung zu vereinigen. Auch in ihrem Weſen und Gebaren bekunden ſie, bei aller Übereinſtimmung mit den Sitten und Gewohnheiten anderer Hunde, ſo manche Eigentümlichkeit und verdienen beſondere Beachtung.

Unter den in unſerem Vaterlande wild lebenden Säugetieren ſteht der Fuchs (Y ulpes vulgaris, Canis alopex und vulpes) unzweifelhaft obenan. Kaum ein einziges anderes Tier, es ſei denn der Schakal, genießt einen ſo hohen Ruhm und erfreut ſich einer ſo großen Bekanntſchaft wie Freund Reineke, das Sinnbild der Liſt, Verſhlagenheit, Tücke, Frevelhaftigkeit und, wie ih ſagen möchte, gemeinen Ritterlichkeit. Fhn rühmt das Sprichwort, ihn preiſt die Sage, ihn verherrliht das Gedicht; ihn hielt unſer größter Meiſter für würdig, ſeinen Geſang ihm zu widmen. Ob ſolcher Ruhm ganz berechtigt, iſt indeſſen eine andere Frage. „Der Fuchs der Sage und Dichtung“, ſchreibt Pehuel-Loeſhe, „und der Fuchs in der Wirklichkeit ſind doh recht verſchiedene Tiere. Wer dieſen gänzlih unbefangen beobachtet, vermag bei ihm nicht im außergewöhnlihen Maße die vielgeprieſene Geiſtesgegenwart, Klugheit, Liſt und Findigkeit, auh nicht die ihm nachgeſagte unübertrefflihe Schärfe der Sinne zu entdecen. Er zeichnet ſi< meines Erachtens vor anderen Raubtieren, namentlih vor dem Wolfe, in keiner Weiſe dur<h hervorragende Begabung aus; höchſtens kann zugeſtanden werden, daß der unabläſſig Verfolgte ſih mit Geſchi> den natürlichen Verhältniſſen anzupaſſen verſtehe, hwerlih aber beſſer als andere, nicht gerade ſtumpfſinnige Tiere. Und wie ſo viele unter dieſen, die harmloſen inbegriffen, mögen auh manche alte Füchſe durch vielerlei Erfahrungen ganz ungewöhnlich gewißt werden; aber jeder Jäger, der mit dieſen Näubern in vielfache Berührung kommt, wird mir wohl zugeſtehen, daß es auch ſehr viele nicht gewißte, ſogar geradezu dumme gibt — und zwar nicht bloß unerfahrene junge, ſondern auch ret alte. Man braucht nur zu vergleichen, wie andere viel verfolgte Tiere ſich benehmen, welche Vorſicht und Sinnesſchärfe ſie bekunden, um von der allzuhohen Meinung bezüglich der angedihteten Begabung unſeres Reineke zurückzukommen. Fh wüßte nicht,