Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/2

Fuchs: Dichtung und Wirklichkeit. 173

wodur ſi der Dur&ſchnittsfuchs vor anderen unter gleichen Verhältniſſen lebenden Räubern hervorthäte. Er iſt ein vogelfſreier Spißbube und verſteht ſein Handwerk zu treiben, weil er ſi doch in ſeiner Weiſe ernähren muß; er iſt fre<, aber nur, wenn der Hunger ihn quält, wenn die Jungen zu verſorgen ſind; auch zeigt er in übeln Lagen weder Geiſtesgegenwart noh Überlegung, ſondern verliert den Kopf vollſtändig; er geht in immerhin re<ht plump gelegte Fallen und zwar wiederholt, auch läßt er ſih durch „Reizen“ gröblich täuſchen; er läßt im offenen Felde den ihn umkreiſenden Schlitten auf Schußweite heran; er ſcheut immer wieder die Lappen und läßt ſih troß alles Lärmens und Schießens während eines Waldtreibens dennoch hart dabei im nächſten umſtellen, ſtatt klug das Weite zu ſuchen; er folgt den gewohnten, ſogar öfter beſchoſſenen Wechſeln und läuft immer wieder ſtra>s den Schüßen an, obwohl er viel beſſer die Treibwehr dur<hbrehen könnte, er erkennt ſeinen Todfeind, ſolange dieſer ſich ruhig verhält, nicht an der Geſtalt, ja oft wittert er ihn nicht einmal, au< wenn er ihm, unter dem Winde heranſchleichend, ſchon auffällig nahe gekommen iſt — furzum, der ſhonungsloſer als irgend ein anderer Bewohner von Wald und Flur

Gerippe des Fuchſes (Vulpes vulgaris). (Aus dem Berliner anatomiſchen Nuſeum.)

Verfolgte hat trozdem niht gelernt, die Künſte des Menſchen zu dur<ſ<hauen und ſeine Handlungen danach einzurihten. Der Meiſter Reineke der Überlieferung und der Fuchs in Wald und Flux können niht wohl als ein und dasſelbe Tier betrachtet werden: dieſer iſt fein dur< beſonders hervorragende Begabung vor anderen ausgezeihnetes Geſchöpf.“ Reineke lebt, hundertfah durch Wort und Bild gezeichnet, in jedermanns Anſchauung und iſt wohl bekannt. Demungeachtet verdient er den weniger mit der Natur Vertrauten beſonders vorgeſtellt zu werden. Seine Länge beträgt bis 1,4 m, wovon an 50 cm auf den Schwanz kommen, die Höhe am Widerriſte 35, höchſtens 38 cm, das Gewicht durchſ<hniltlih 6,5—8, ſelten 9 kg. Der Kopf iſt breit, die Stirn platt, die Shnauze, welche ſich plöglih verſhmälert, lang und dünn. Die Seher ſtehen ſchief und die Lauſcher, welche am Grunde ſich verbreitern und nach oben zuſpizen, aufrecht. Der Leib erſcheint ſeines ziemlich dichten Haarkleides wegen di>, iſt in Wahrheit aber ungemein \<lank, jedoh äußerſt kräftig und dex umfaſſendſten Bewegung fähig. Die Läufe ſind dünn und kurz, der Shwanz iſt lang und buſchig, der Pelz dicht und weich. Neineke ſamt ſeiner ganzen edlen Sippſchaſt trägt ein Kleid, welches ſeinem Räubertum in der allervortrefſſlihſten Weiſe entſpricht. Die Färbung, ein fahles, grauliches Rot, welches ſich der Bodenfärbung förmlih anſchmiegt, paßt ebenſo zum Laubwalde wie zum Nadelholzbeſtande, er ſei hoh oder niedrig, oder iſt für die Heide wie für das Feld und für das Stein- oder Felſengeklüft gleich geeignet. Mehr als anderen Tieren ſcheint dem Fuchſe der No> nah dem Lande angepaßt zu ſein; denn der ſüdliche Fuchs iſt von dem nördlichen und der Gebirgsfuchs von dem der Ebene niht