Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/2

S2 Vierte Drdnung: Raubtiere; fünfte. Familie: Hunde.

jagende Alte oder geht allein auf die Jagd, ſucht bei Tage oder in der Dämmerung ein Häschen, Mäuschen, Vögelchen oder ein anderes Tierchen zu überraſchen, und wäre es auh nur ein Käfer. Ende Juli verlaſſen die Fungen den Bau gänzli<h und beziehen mit ihrer Mutter die Getreidefelder, welche ihnen reihen Fang verſprechen und vollkommene Sicherheit gewähren. Nach der Ernte ſuchen ſie dihte Gebüſche, Heiden und Nöhricht auf, bilden ſi< inzwiſchen zu vollkommen gere<hten Jägern und ſhlauen Strauchdieben aus und trennen ſi endlih im Spätherbſte von der Mutter, um auf eigene Fauſt ihr Heil zu verſuchen.

Lenz teilt Beobachtungen mit, welche die Mutterliebe der alten Füchſin auf das glänzendſte beweiſen. „Am 19. April 1830 grub der Jäger des Herrn von Mergenbaum zu Nilsheim in Geſellſchaft des Hauptmanns Deßloch, Hofgärtners Reſſerl und mehrerer anderer einen Bau mit jungen Füchſen aus. Nachdem ein ſcharfer Dachshund eine kurze Zeit den Füchſen vorgelegen hatte und die Röhren mit Schüßen beſeßt waren, wurde an der Stelle, wo der Hund die Füchſe verraten, ſtark auf den Bau geklopft, welches Klopfen die Füchſin zu dem ſ<hnellen Entſhluſſe brachte, die Flucht zu ergreifen. Sie vergaß aber dabei ihrer Jungen niht, nahm eines davon ins Maul, bra< neben dem vorliegenden Hunde durch, ſprang aus dem Baue und ließ auch jeßt das Kleine niht fallen, obgleih mehrere Schüſſe ganz aus der Nähe, jedo< ohne zu treffen, auf ſie abgefeuert wurden.“ E>ſtröm, ein ſhwediſcher Naturforſcher, gibt einen anderen Beleg für die Mutterliebe der Füchſin. „Jn der Nähe eines Gutes hatte ein Fu<hspaar ſeinen Bau und Junge darin. Der Verwalter ſtellte eine Jagd auf die alten Füchſe an, erlangte ſie aber niht. Man bot Tagelöhner auf, um den Bau zu graben. Zwei Junge wurden getötet, das dritte nahm der Verwalter mit ſh auf den Hof, legte ihm ein Hundehalsband an und band es dicht vor ſeinem Kammerfenſter an einen Baum. Dies war am Abend des nämlihen Tages bewert: ſtelligt worden. Am Morgen, als die Leute im Gehöfte erwahten, wurde ein Mann hinausgeſchi>t, um nachzuſehen, wie es mit dem jungen Fuhſe ſtände. Er ſtand ſehr trübſelig an derſelben Stelle, hatte aber einen fetten Truthahn mit abgebiſſenem Kopfe vor ſih. Nun wurde die Magd herbeigerufen, welche die Aufſiht über das Hühnerhaus hatte, und mit Thränen im Auge mußte ſie geſtehen, daß ſie vergeſſen hatte, die Truthühner einzutreiben. Infolge angeſtellter Unterſuhung fand ſi, daß die alte Füchſin während der Naht 14 Truthühner erwürgt hatte, deren zerſtü>te Körper hier und da im Wohn- und Viehhofe herumlagen; eins hatte ſie, wie ſhon geſagt, vor ihr angefeſſeltes Junge gelegt.“

Der Fuchs bekümmert ſi, ſolange die Füchſin am Leben iſt, niht im geringſten um ſeine Nachkommen, deren Vaterſchaft er, entſprechend der Vielehigkeit, welche unter ſeinem Geſchlechte gilt, auh freilih kaum für ſih allein beanſpruchen kann. Während die Fähe ſi redlih abmüht, ihre zahlreichen Sprößlinge ſtandesgemäß zu ernähren, bei ihrer Jagd geradezu tolldreiſt verfährt und angeſichts des in gerechten Zorn geratenden Beſißers am hellen Tage die Ente aus dem Bache, vor den Augen des Hundes das Huhn aus dem Garten, vor dem Nohre des Jägers den Haſen, in Gegenwart der Ride das Rehkälbchen überfällt, abwürgt und fortſhleppt, in und vor dem Baue eine wahre Shlachtbank anlegend, bummelt er gemächlih dur< Wald und Feld und erſcheint, laut Adolf Müller, höchſtens dann vor dem Baue, wenn ihm einige le>ere Reſte beſagter Schlachtbank allzu verführeriſch in die Naſe duften, um ſolche Reſte zu ſtehlen. Von einer Unterſtüßung des ſchwierigen Erziehungsgeſchäftes ſeinerſeits kann alſo nicht geſprochen werden, es ſei denn, daß man ihm Spiele mit den Jungen, in welche er ſih in einem Anfalle beſonders guter Laune zuweilen einlaſſen ſoll, als Verdienſt anre<hnen wolle. Dagegen iſt nach vielen zuverläſſigen Beobahtungen wohl niht mehr zu bezweifeln, daß er ebenſogut wie eine ledige Füchſin ſi verwaiſter Jungen annimmt und, durch das klägliche Bellen der hungerigen Tierchen gerührt, ihnen Nahrung zuſchleppt.