Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/2

Fu<3: Mutterliebe. Zähmbarkeit. 183

In der Freundlichkeit, mit welcher alte Füchſe beiderlei Geſchlechtes junge, hilfloſe und, was wohl zu beahten, geſunde Fühschen behandeln, offenbart ſih ein edler Zug des Weſens dieſes nicht mit Unrecht als im höchſten Grade ſelbſtſüchtig bezeihneten Naubtieres. „Zu einer alten, völlig gezähmten Füchſin“, erzählt Be>mann, „welche in einem Zwinger an der Kette liegt brachte ih einen Drahtkäfig mit drei jungen Fühschen. Beim erſten Erbliéen wedelte die Füchſin mit der Lunte, rannte unruhig hin und her und bot alles auf, um in den Käfig zu gelangen. Da ich dem Dinge doch nicht re<t traute, ließ ih den Käfig weiter rü>en; allein abends bei der Fütterung ſah ih mit Erſtaunen, daß die Füchſin unter beſtändigem Winſeln ihr Pferdefleiſh in der Schnauze hin und her trug, ohne zu freſſen. Als i ſie von der Kette befreite und die Thür des Käfigs öffnete, ſhlüpfte ſie ſofort in dieſen, ließ indeſſen im Eifer das Fleiſh unterwegs fallen. Jm erſten Augenbli>e des Begegnens ſtanden alt und jung mit weit geſperrtem Rachen einander unbewegli<h gegenüber; nach einigem Verhandeln dur< Berühren der Naſenſpißen mit zuſtimmendem Rutenwedeln aber ſtürzte plöblich die ganze Geſellſchaft in ausgelaſſenſter Freude über- und durcheinander, und die Balgerei wollte kein Ende nehmen. Als jedo<h die Jungen anfingen, mit ihren ſcharfen Zähnchen das Geſäuge ihrer Pflegemutter zu unterſuchen, wurde es dieſer unheimlich; ſie ſcharrte heftig an der Thür, um hinauszukommen, und zeigte ſeitdem keine Luſt mehr, das Jnnere des Käfigs zu betreten. Dagegen verſäumte ſie nie, bei der abendlichen Fütterung den größten Teil ihres Futters oft im vollen Regen ſtundenlang hin und her zu tragen. Ward ſie von der Kette gelöſt, ſo war ſie mit zwei Sprüngen vor dem Käfig, legte das Fleiſch dicht vor dem Gitter nieder und kehrte ſodann beruhigt zurü>. Mit dem Heranwachſen der Fühshen nahm ihre Aufmerkſamkeit allmählih ab. Einem meiner Freunde entwiſchte ein eben eingefangenes ganz junges Füchs<hen und blieb faſt 8 Tage lang ſpurlos verſchwunden. Jn der entfernteſten Eke des ziemlih großen Gartens lag ein zahmer männlicher Fuchs an der Kette: eines Abends wurde er im Spiele mit dem Fungen überraſcht. Das junge, menſchenſcheue Fühschen flüchtete ſofort in die Hütte; der Alte nahm vor dem Eingange Stellung und litt niht, daß man ſeinem Pfleglinge zu nahe kam. Dies hübſche Verhältnis währte na der Entde>kung noch faſt 14 Tage lang, bis der junge Fuchs plöglich verſhwand und niht wieder geſehen wurde.“

Jung eingefangene Füchhschen können leicht aufgezogen werden, weil ſie mit der gewöhnlichen Koſt junger Hunde vorlieb nehmen, ſi< au< gern von einer gutmütigen Hündin, welche ſie am Geſäuge duldet, bemuttern laſſen. Sie werden, wenn man ſich viel mit ihnen abgibt, bald zahm und erfreuen dur< ihre Munterkeit und Beweglichkeit.

„Von mehreren Füchſen, welche ih aufgefüttert habe“, erzählt Lenz, „war der lebte, ein Weibchen, der zahmſte, weil ih ihn am kleinſten bekam. Er fing eben an, ſelbſt zu freſſen, war aber doch ſhon ſo boshaft und biſſig, daß er, wenn er eine Lieblingsſpeiſe vor ſi hatte, dabei immer knurrte und, wenn ihn auh niemand ſtörte, doch rings um ſich in Stroh und Holz biß. Durch freundliche Behandlung ward er bald ſo zahm, daß er ſich's gern gefallen ließ, wenn ih ihm ein eben gemordetes Kaninchen aus dem blutigen Rachen nahm und ſtatt deſſen den Finger hineinlegte. Überhaupt ſpielte er, ſelbſt als er erwachſen wax, außerordentlich gern mit mir, war außer ſich vor Freude, wenn ich ihn beſuchte, wedelte wie ein Hund und ſprang winſelnd um mi herum. Ebenſo freundlih war er gegen jeden Fremden; ja, er unterſchied Fremde ſhon auf 50 Schritt weit, wenn ſie um die Hause>e famen, ſogleih von mir und lud ſie mit lautem Gewinſel ein, zu ihm zu kommen, eine Ehre, welche er mir und meinem Bruder, die wir ihn für gewöhnlich fütterten, in der Negel nicht erwies, wahrſcheinlih, weil er wußte, daß wir doh kämen. Kam ein Hund, ſo ſprang er, jener mote groß oder klein ſein, ihm mit feuerſprühenden Augen und grinfenden Zähz nen entgegen. Er wax am Tage ebenſo munter wie bei Nacht. Sein liebſtes war, wenn