Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/2

188 Vierte Ordnung: Naubtiere; fünfte Familie: Hunde.

bekannt, daß für tot gehaltene Füchſe plöglich wieder auf: und davonſprangen. Scheintote biſſen die Leute, welche ſie ſhon längere Zeit getragen hatten; Wildungen ſah, das ein Fuchs, dem man den Balg ſchon bis zu den Ohren abgeſtreift hatte, den Abſtreifer noh tüchtig in die Finger biß. Auf drei Beinen laufen verwundete Füchſe no< ebenſo ſ<hnell wie auf vieren; ja ſie ſind ſelbſt dann no< weggelaufen, wenn man ihre Hinterläufe eingeheſſet, d. h. durcheinander geſte>t, hatte, wie man bei erlegten Haſen zu thun pflegt.

Lebendig fängt man den Fuchs in Fallen aller Art, am häufigſten aber doch in eiſernen Schlagfallen, die losſchnellen, ſobald der Abzugsbro>en genommen wird. Schon mehrere Tage, bevor man das Eiſen ſtellt, muß man Lokſpeiſe oder den Vorwurf auf den Plag legen und ſomit den Fuchs an dieſen gewöhnen. Erſt wenn er mehrere Nächte den Köder aufgenommen hat, wird das gereinigte und mit etwas Witterung beſtrichene Eiſen fangbar geſtellt, mit friſhem Vorwurfe und mit dem Abzugsbro>en verſehen und ſorgfältig den Bli>en verborgen. „Unglaublich iſt's“ ſagt Win>ell, „wie vorſichtig der Fus auf für ihn eingerichteten Fangpläßen zu Werke geht. Jh hatte einſt die Freude, Augenzeuge zu ſein, als im harten Winter nach einem feſt angekirrten Fuchſe das Eiſen gelegt worden wax. Es fing eben an zu dämmern, als Reineke, dur< Hunger getrieben, herangetrabt kam. Emſig und ohne Arg nahm er die entfernteſten Vorwurfsbro>en an, ſette, ſo oft er einen verzehrte, ſh gemächlich nieder und wedelte mit der Standarte. Je näher er dem Orte kam, wo das Eiſen lag, deſto behutſamer wurde er, deſto länger beſann er ſi, ehe er etwas nahm, deſto öfter kreiſte er den Plag. Gewiß 10 Minuten blieb er unbeweglich vor dem Abzugsbiſſen ſißen, ſah ihn mit unbeſchreiblicher Lüſternheit an, wagte es aber dennoch niht zuzugreifen, bis er wieder drei- oder viermal das Ganze umkreiſt hatte. Endlich, als er ganz ſicher zu ſein glaubte, ging er wieder vor das Eiſen, ſtre>te den einen Vorderlauf nah dem Bro>en aus, konnte ihn aber niht erreihen. Wieder eine Pauſe, während welcher er wie vorher unverwandt den Abzugsbiſſen anſtarrte. Endlich, wie in Verzweiflung, fuhr er raſh darauf los, und in dem Augenbli>e war er mit der Halskrauſe geziert.“ Zu den vielen ſeit alter Zeit üblichen Vertilgungsmitteln iſt neuerdings Gift gekommen. Mit ihm verſieht man in ſtrengen Wintern aus8geworfenes Aas oder Fleiſhbro>en, welche man auf die Wechſel wirft, und iſt in den meiſten Fällen des Erfolges ſicher. Der arme Schelm nimmt, niht ohne Bedenken, aber vom Hunger getrieben, den Bro>en auf und erliegt in kurzer Zeit dem Gifte.

Fn England, wenigſtens in Gegenden, die ſih einigermaßen zum Reiten übers Feld eignen, würde derjenige, der Füchſe graben, fangen oder ſchießen wollte, gröblih gegen Herkommen und Sitte verſtoßen. Dort wird Reineke aufgeſpart für die ſeit Ende des vorigen Jahrhunderts volkstümlih gewordene Hetze, wobei man ihn von beſonders gezühteten und abgerihteten Hunden aufſpüren und jagen läßt, während man querfeldein hinterher reitet und Hinderniſſe, je nah Tüchtigkeit von Reiter und Pferd, gerade8wegs nimmt oder umgeht. Die Hauptaufgabe iſt: beim Tode des Fuchſes als erſter zur Stelle zu ſein, um als Trophäe die Lunte (Bruſh) des gejagten Tieres zu gewinnen, Früher ſezten viel mehr Großgrundbeſißer als jezt eine Ehre darein, die äußerſt koſtſpieligen Meuten und Einrichtungen zu unterhalten; gegenwärtig ſind es hauptſählih Vereine, welche die Koſten tragen. Infolgedeſſen haben ſi<h die Meuten vermehrt, aber die ihnen zur Verfügung ſtehenden abgegrenzten Jagdgebiete ſind kleiner geworden. Die Hauptzeit der Fuchsheßen beginnt im November und währt bis in den Februar; je nah Leiſtungsfähigkeit der Meute wird dreibis fünfmal in jeder Woche das Feld genommen, und die Teilnehmer, Herren wie Damen, verſammeln ſih dazu an vereinbarten Stellen, wo ein Fuchs aufgeſtöbert werden ſoll. Troß aller kunſtgerehten Vorkehrungen (S. 149) ſind Fehljagden niht ausgeſchloſſen, aber der Hauptzwe>: ein aufregender fröhlicher Nitt, bei dem freilih auh ſowohl luſtige Mißgeſchi>ke als ernſtlihe Unglücsfälle vorkommen, wird dennoch erreiht. Wo immer die Möglichkeit