Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/2

Fuchs. Polarfuchs3. 191

Der Polar-, Eis- oder Steinfuchs (Vulpes lagopus, Canis und Leucocyon lagopus, Vulpes fuliginosus, Canis isatis), ausgezeihnet durch die kurzen, rundlihen Ohren, die niederen Beine, die wie der übrige Leib dicht mit Fell bekleideten Fußballen, den ſehr buſchigen, vollen Shwanz ſowie endlich die abſonderlihe Färbung, iſt merklich kleiner als unſer Fus, ungefähr 95 cm lang, wovon ein reihlihes Dritteil auf den Shwanz fommt, und trägt im Sommer ein erd- oder felſenfarbiges, im Winter dagegen entweder ein ſhneefarbiges oder ebenfalls dunkles Kleid. Bald nach der Härung, welche je nah der Heimat und Örtlichkeit früher oder ſpäter im Sommer, gewöhnlich aber im Juni eintritt, ſproſſen auf der Ober- und Außenſeite erdbräunliche, mehr oder weniger ins Graue, Schieferfarbene und Bläuliche ſpielende, im Geſichte und auf der Unterſeite dagegen weiße Haare hervor und bilden mit den allmähli<h na<hwa<hſenden Wollhaaren von gleicher Färbung den Sommerpelz. Fm Verlaufe der Zeit verlängert und verdichtet ſih dieſer, entſprechend dem ſtetig fortſchreitenden Wachstume der Haare, mehr und mehr, und iſt mit Beginn des Herbſtes {hon ſehr reih geworden. Nunmehr beginnt beim Weißfuchſe langſam die Umfärbung dieſes Haares. Einzelne Spigzen verbleichen und werden weiß, ſind jedoh no< niht zahlrei genug, um den dunkeln Untergrund zu de>en, und es entſteht ſomit eine graulih geſprentelte Färbung. Mehr und mehr ſchreitet die Verbleihung und Umfärbung fort; es bilden ſi< weiße Farbenfelder und endlich eine weiße Deke, unter welcher das dunkle Wollhaar noh hindurGſhimmert. Nah und nach verbleiht auch dieſes ſamt den Wurzeln der Grannenhaare, und mit Beginn des Winters hat der ganze Pelz des Eisfuchſes eine rein weiße Färbung erhalten. Wachstum und Verbleichung der Haare werden, wie bei allen mir bekannten Wildhunden und Raubtieren überhaupt, dur frühzeitig eintretende rauhe Witterung ſehr beſ<hleunigt; eine doppelte Härung jedoch, d. h. ein zweimaliges Abwerfen und Neuwachſen des Haares, findet nah meinen an gefangenen Eisfüchſen ſehr ſorgfältig durchgeführten Beobachtungen beſtimmt nicht ſtatt. Bemerkt zu werden verdient noch, daß ein in St. Petersburg gefangen gehaltener und in einem warmen Zimmer gepflegter Polarfuchs ſeinen weißen Winterpelz genau zur ſelben Zeit wie ſeine in Freiheit lebenden Brüder anlegte.

Nun aber gibt es auch Polarfüchſe, welche im Winter nicht ein weißes Kleid anlegen, ſondern ihre ſchieferfarbene oder bräunliche Färbung beibehalten. Man hat geglaubt, ſie als eigene Art anſehen zu dürfen, und man kann ſi dabei auf mancherlei Merkmale berufen, aber eine Trennung in ſtreng geſchiedene Arten iſt wohl ebenſowenig dur<führbar wie bei Brand-, Bir&, Rotz, Kreuz- und Silberfu<h3; man ſpricht beim Eisfuchſe am beſten nux von Spielarten. Die grönländiſchen Esfkimos hatten ganz ret, wenn ſie Brown verſicherten, daß man oft weiße Mütter mit bläulichen und weißen Jungen finde; denn bei den jungen Füchſen iſt das de>ende Oberhaar noh niht ausgewachſen, und deshalb wird ihre Färbung nah Lomerx zunächſt lediglih dur< die der Grundwolle, die ſowohl dunkel als auh weiß ſein kann, beſtimmt; nie findet man jedo<h blaue Mütter mit weißen Jungen. Da viele Weißfüchſe wenigſtens auf dem Rücken das dunkle Grundhaar behalten, fo unterſcheiden ſie ſi<h im Sommer, wenn das weiße Oberhaar fehlt, nux wenig von den Blaufüchſen bei gleich vorgeſchrittenem Haarwechſel. Einen Beweis dafür, daß Weiß- und Blaufüchſe beſtändige Spielarten bilden, erkennt G. Lomer auch darin, daß in dem ſeit etwa drei Jahrzehnten ausgebeuteten Alasfa, von woher jährli<h etwa 4000 Blaufuchs- und ebenſo viele Weißſuchsfelle zu uns gelangen, die blauen regelmäßig faſt eine Handbreit größer und dabei kurzſowie grobhaariger ſind als die weißen. Die Hudfſonbailänder liefern wiederum jährlih 10 —12,000 Weiß-, aber faum 200 Blaufüchſe. Jedenfalls iſt die vielverbreitete Annahme irrig, daß der Polarfu<hs im Sommer ein dunkles Kleid trage und dann Blaufuchs heiße, im Winter aber den Weißſu(hs vorſtelle. Wir brauchen nur an Wieſel und Hermelin zu denken, um ein re<t gutes Gleichnis zu haben. Jrrtümlich iſt auh Newtons Angabe, daß