Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/2

Polarfu<<s: Verhalten auf den Jnſeln des Beringmeeres. 197

mußten geſehen haben, und daß die Furcht vor den Menſchen den Tieren nicht angeboren, ſondern auf lange Erfahrung gegründet ſein müſſe.“

Dieſe Anſicht Stellers kann nicht für alle Fälle gelten; denn wenn die Cisfüchſe überhaupt dur< Erfahrung lernten, müßten ſie ſih in Norwegen ganz anders zeigen als auf Beringeiland. Sie ſind aber hier und dort dieſelben. Dennoch benimmt ſih der Polarfuchs in jenen nordweſtlichen Gegenden gegenwärtig durchaus niht mehr ſo, wie Steller es ſchildert; er hat ſi< in der That den veränderten Verhältniſſen angepaßt. PechuelLoeſche, welcher im drittleßzten Jahrzehnte jene Gebiete bereiſte, hat auf Fnſeln des Beringmeeres wie auf dem Feſtlande nördlih und ſüdlich ſowie zu beiden Seiten der Beringſtraße den Polarfuhs weder häufig no< zudringlih und einfältig gefunden. Es war ſogar recht ſchwierig, ein Stü von guter Farbe zu ſchießen; denn die verfolgten wichen aus und wußten ſi gut zu de>en. Die Beringinſel ſelbſt hat er zwar niht betreten, wohl aber von Pelzjägern gehört, daß es ſich dort niht anders verhalte. Gerade dort war der Polarfuchs infolge der eifrigen Nachſtellungen bereits ret ſelten geworden und hatte ſih auch keine8wegs das dummdreiſte Weſen bewahrt, das er 120 Fahre früher zeigte. Dex wertvolle Blaufuchs ſollte damals ſchon ſo gut wie ausgerottet ſein. Auch die ſpätere Vega- Expedition weiß nichts Gegenteiliges zu berichten, ſelbſt nicht hinſichtlih ihres Beſuches der Beringinſel; Norden ſkiöld verſichert ſogar ausdrülih, daß weder er noch ſeine Begleiter auf dieſer Inſel einen einzigen Polarfuhs zu Geſicht bekommen hätten.

H. Elliott, der während des vorletzten Fahrzehntes die erwähnten Gebiete und insbeſondere das Vorkommen der Pelztiere ſowie den Jagdbetrieb unterſuchte, erzählt ebenfalls nihts mehr über den Polarfuhs, das an Steller erinnern könnte, berichtet dagegen über unſer Tier mancherlei anderes. So erfahren wir durch ihn, daß die Bewohner von Attu, der weſtlichſten Jnſel der Alêutenkette, den Blaufuchs abſichtlich in ihre Heimat eingeführt haben und ihn daſelbſt gewiſſermaßen in Freiheit und vor allem rein züchten. Der gemeine Notfus war auf Attu bereits ausgerottet, als die Bewohner ſi<h ſchöne Blaufüchſe von den Pribylowinſeln holten; andere geringwertige Füchſe können niht nach der abgelegenen Fnſel gelangen, denn niht einmal das Eis baut ihnen eine Brücke; überdies wachen die Eingeborenen ſorgſam darüber, daß ihnen ihre Raſſe nicht verdorben wird. So kann denn keinerlei nachteilige Vermiſchung ſtattfinden, und die Schönheit des Felles ihrer Blaufüchſe, von denen die Attuleute jährlih 200—800 Stü verhandeln, bleibt tadellos erhalten und wird allgemein anerkannt.

Anders verhält es ſih auf den Pribylowinſeln. „Bezüglich der dortigen Füchſe“, erzählt Elliott, „behaupten die Eingeborenen, daß zur Zeit der erſten Beſiedelung durch ihre Vorfahren (1786/87) aus\<hließli< reine Blaufüchſe vorgefunden worden ſeien, und daß die allmählich eingetretene und jezt unverkennbare Verſchlehterung von Haar und Farbe auf die gelegentliche, dur< das Eis vermittelte Einwanderung von Weißfüchſen vom öſtlichen Feſtlande zurückzuführen ſei. Heutigestags ſind Weißfüchſe auf den Inſeln ſchon rect zahlreih und bilden meines Erachtens etwa ein Fünftel aller Füchſe auf dieſen JFnſeln; auh leben ſie niht geſondert von den blauen, ſondern vermiſchen ſi offenbar mit ihnen. Schon Veniaminow (1842), der allerdings irrtümlich ſtatt des Weißfuchſes den gemeinen Rotfuchs nennt, berichtet von der dur< Treibeis bewirkten unliebſamen Einfuhr und fügt hinzu, daß die Jnſelbewohner ſich eifrig bemühten, ſolche ungebetene Gäſte, welche zur Entwertung der Nachkommenſchaft ihrer Pelztiere beitragen konnten, ſobald ihre Ankunſt oder Annäherung bekannt wurde, unſchädlich zu machen. Die Füchſe führen auf dieſen Jnſeln ein ſehr behagliches Leben. Die Klüfte der Baſaltfelſen bieten ihnen treffliche Unterſchlupfe; junge ſowie kranke und altersſ<wache Pelzrobben, ferner die Leichen der regelmäßig abgeſchlacteten liefern ihnen reichlichen Fraß, durch den ſie hübſch fett werden. Während