Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/2

8 Vierte Ordnung: Raubtiere; vierte Familie: Hyänen.

Auch aus anderweitigen Berichten iſt zu entnehmen, daß der Tüpfelhyäne Raubſucht und Mut nicht überall abgeſprochen werden dürfen. Fn Benguela hat ſie mehrmals wehrfähige Leute, Wanderer und Briefboten, angegriffen. Und Fames erfuhr neuerdings (1885) im Somalilande, daß ſie „oftmals kühn genug iſt, Rinder angeſichts der Hirten“ zu überfallen; er ſelbſt war Augenzeuge, wie eine „rieſige Tüpfelhyäne“ gegen Abend ins Lager fam und ein Kamel zu erbeuten verſuchte, während er mit ſeinen Begleitern eben no< beſchäftigt war, Laſten abzuladen. Um dieſelbe Zeit weilte Paulitſc<hke mit von Hardegger in Harar und berichtet folgendermaßen über das Treiben der räuberiſchen Tiere: „Die Tüpfelhyäne bildet eine wahre Landplage in Harar. Tiere von außerordentlicher Größe leben in Menge auf den Abhängen der benachbarten Gebirge und dringen alle Tage nah Sonnenuntergang an vielen Stellen in die Stadt ein, greifen Vieh und Menſchen an und haben ſchon viele Tauſende von Hararinern in das Jenſeits befördert. Gewöhnlih ſind es Bettler und Blatternkranke, die man auf die Gaſſe ſet, dann Kinder, welche den Raubtieren zum Opfer fallen. Die Bewohner der Stadt und Umgebung wußten uns daher niht geringen Dank dafür, daß wir uns der gefährlihen Jagd auf die nächtlichen Tiere hingaben und einige Dugend vernichteten. Die Jagden ſind gefahrvoll genug und mit großen Schwierigkeiten verbunden, weil die Hyänen erſt bei eintretender Dunkelheit ihre Schlupfwinkel verlaſſen und daher aus nächſter Nähe erlegt werden müſſen, ein ungeheuer zähes Leben beſißen und verwundet ſih mit großer Wut zur Wehre ſeßen; von Hardegger geriet eines Abends in große Gefahr, von einer angeſchoſſenen wütenden Hyäne von bedeutender Stärke zerriſſen zu werden. Nur einem kühnen Bajonettangriffe dankte mein Freund an jenem Abend das Leben, indem er das auf ihn in Sprüngen eindringende Hyänenmännchen mit dem Yatagan auffing und tötete. Man erzählte uns in Harar unglaubliche Dinge von der Kühnheit und Raubſucht der Hyänen. Weidmänner wird es jedenfalls intereſſieren, daß die als feig verſhrieene Hyäne unter Umſtänden ein ebenſo aggrefſives und gefährliches Raubtier werden kann wie der Löwe oder der Leopard.“

Jn Noa>s Bearbeitung der von R. Böhm in Oſtafrika geſammelten Säugetiere und der dazu gelieferten Schilderungen finden ſih über unſeren Räuber folgende Säße: „Die überall gemeine, in Ugogo und Unyanyembe beſonders häufige gefle>te Hyäne fand ih in den verſchiedenen Gegenden von auffallend verſchiedenem Benehmen. Fn Ugogo, wo ſie nachts ſcharenweiſe das Lager umſchwärmten, um gefallene Tiere oder Leichen von Trägern, unter denen die Blattern ſtark aufräumten, zu verzehren, waren ſie ſo fre, daß ſie knurrend und im Dornengeſtrüpp raſſelnd und hin- und herlaufend nur unwillig vor einem nahenden Menſchen zurü>wichen und ſtets von neuem zu ihrem Fraße zurü>kehrten, auh wenn man ſih dicht dabei, faſt ohne De>ung, auf den Anſtand legte. Fn Tabora kamen ſie bis unter die Veranda unſeres Hauſes, obgleih wir zum Teil hier ſchliefen, ließen ſi< aber durch die Angriffe einer kleinen einheimiſchen Hündin, die ſehr ſharf war, leiht vertreiben. Ebenſo ſ<leppten ſie am Ugallafluß Gegenſtände unmittelbar von der Zeltthür fort und ließen ſih ſelbſt durh Schüſſe niht im Freſſen ſtören. Dagegen habe ich z. B. bei Kakoma, ſelbſt gut verſte>t, ſtets vergebens auf unſerem mit dem Kadaver eines Rindes oder Eſels beſtellten Luderplaße gewacht. Die Hyänen mußten ſih lautlos in der Nähe halten, denn wenn ih mi<h nur auf Viertelſtunden entfernte, waren ſie ſofort beim Fraße geweſen. Die Schnelligkeit, mit der die Hyänen aufräumen, iſt ſtaunenerregend, und ſie zerren ſelbſt Kadaver von Rindern weit umher. Eine menſchliche Leiche ſah ih ſie ſcheinbar ohne Anſtrengung im Galopp fortſ<hleifen. Die friſ<h dunkelgrüne, ſpäter kaltweiße Loſung ſetzen die Hyänen maſſenweiſe an beſtimmten Pläßen ab. Bei ihren nächtlichen Streifereien halten ſie gern ihre Pfade inne, auf denen ſie oft weite Stre>en hin wechſeln. Gewöhnlich kommen ſie erſt in der Dunkelheit in die Nähe der Ortſchaften, doh hört man