Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/2

Tüpfelhyäne: Verbreitung. Angriffe auf Menſchen. Fl

erwahſenen Menſchen angreifen. Oft wiſſen ſie, wenn abends die Herde heimkehrt, eines der lezten Schafe derſelben dur einen Sprung zu erhaſchen, und meiſt gelingt es ihnen, troß der Verfolgung des Hirten, ihre Beute fortzuſhleppen. Hunde werden hier niht gehalten. Die Einwohner fingen für uns mehrere große Hyänen lebendig in Gruben, die in einem von Dornbüſchen umgebenen Gange angebracht werden, an deſſen Ende eine nah ihrer Mutter blökende junge Ziege angebunden wird. Man muß ſie mögli<hſt bald töten, weil ſie ſich ſonſt einen Aus8weg aus dem Gefängnis wühlen.“ Jh ſelbſt habe die Tüpfelhyäne in den von mir durchreiſten Gegenden überall nur als feiges Tier kennen gelernt, welches dem Menſchen ſcheu aus dem Wege geht.

Am Kap bezeichnet man dieſe Art mit dem Namen Tigerwolf. „Sie iſt dort“, ſagt Lichtenſtein (zu Anfang unſeres Fahrhunderts), „bei weitem das häufigſte unter allen Raubtieren und findet ſi ſelbſt no< in den Schluchten des Tafelberges, ſo daß die Pahtereien ganz in der Nähe der Kapſtadt nicht ſelten von ihr beunruhigt werden. Fm Winter hält ſie ſich auf den Berghöhen, im Sommer aber in den ausgetro>neten Stellen großer Ebenen auf, wo ſie in dem hohen Schilfe den Haſen, Sc<hleihkaßen und Springmäuſen auflauert, welche an ſolchen Stellen Waſſer, Kühlung oder Nahrung ſuchen. Die Güterbeſißer in der Nähe der Kapſtadt ſtellen faſt jährlih Jagden an. Es gibt dort mehrere ſolche mit Schilfrohr bewachſene Niederungen; eine jede derſelben wird umzingelt und an mehreren Stellen unter dem Winde in Brand geſte>t. Sobald die Hite das Tier zwingt, ſéinen Hinterhalt zu verlaſſen, fallen es die ringsum aufgeſtellten Hunde an, und der Anbli> dieſes Kampfes iſt der Hauptzwe> der ganzen Unternehmung. Fnzwiſchen bringen die Hyänen in der Nähe der Stadt weniger Schaden als Nuten; ſie verzehren manches Aas und vermindern die Anzahl der diebiſchen Paviane und der liſtigen Ginſterkaßen. Man hört es ſehr ſelten, daß die Hyäne in dieſen dichter bewohnten Gegenden ein Schaf geſtohlen; denn ſie iſt ſcheu von Natux und flieht vor dem Menſchen, und man weiß kein Beiſpiel, daß ſie jemand angefallen hätte. Den Kopf trägt ſie niedrig mit gebogenem Naten; der Blik iſt boshaft und ſcheu.“ Zu Sparrmanns Zeiten (1772—76) famen die Hyänen, wie gegenwärtig im Sudan, in das Fnnere der Städte und verzehrten hier alle tieriſchen Abfälle, welche auf den Straßen lagen. Wahrhaft ſchre>li< aber ſind die Erzählungen, welche Strodtmann in ſeinen ſüdafrikaniſchen Wanderungen gibt. Er erfuhr, daß die nächtlichen Angriffe dieſer Tiere vielen Kindern und Halberwachſenen das Leben koſteten, und ſeine Berichterſtatter hörten in wenigen Monaten von 40 verderblichen Überfällen erzählen. Shepton, welcher dieſe Geſchichten verbürgt, bekam ein paar Kinder zur Heilung, welche von dem Raubtiere fortgeſhleppt und übel zugerichtet, aber ihm wieder abgejagt worden waren. Das eine der Kinder war ein zehnjähriger Knabe, das andere ein actjähriges Mädchen. Schlingen, Fallen und Selbſtſchüſſe werden nach dieſem Berichterſtatter nur mit geringem Erfolge angewendet, weil die liſtigen Hyänen den Fallen ausweichen.

Manches im vorſtehenden Berichte mag übertrieben ſein; in der Hauptſache werden wir ihn als richtig gelten laſſen müſſen. Eine und dieſelbe Tierart tritt unter veränderten Verhältniſſen in verſchiedener Weiſe auf. Hunger thut weh und ermutigt auch Feiglinge. Ein Diener von Fritſ< wagte ſi< aus Furcht vor den Hyänen niemals in dichte Gebüſche, und ſeine Furcht war, wie unſer Gewährsmann bemerkt, niht ganz unbegründet. Als jener Diener einſtmals des Nachts allein die Steppe durchreiten mußte, wurde er von Hyänen verfolgt und verbrannte Lumpen und einen Teil ſeiner Deke, um ſie fern zu halten, bis er endlich ein Haus erreicht hatte. „Die Dreiſtigkeit dieſer Tiere“, verſichert Fritſch, „iſt in der Nacht außerordentlich; und wenn auh wenige Beiſpiele bekannt ſind, daß ſie erwa<hſene Menſchen angefallen haben, ſo vergreifen ſie ſih do< an Kindern und ebenſo an Pferden, wovon mir damals mehrere Beiſpiele vorkamen.“