Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/2

Fenek: Leben8weiſe. Fortpflanzung. Gefangenleben. 205

„Man fängt den Fenek in Haarſchlingen, welche bei Tage in dem Ausgange ſeines Baues befeſtigt werden, oder gräbt ihn aus; doch iſt die leßtere Fangart oft erfolglos. Auf: fallenderweiſe pflegt er die S<hlinge, in welcher er ſi gefangen hat, niht entzweizubeißen, was unſer Reineke ganz unzweifelhaft thun würde, verſucht dies ſelbſt dann niht, wenn bei ſeinen Anſtrengungen, frei zu werden, die Slingen ſich ſo feſt zuſammenſchnüren, daß die Lederhaut zerrieben und das rohe Fleiſch des Laufes bloßgelegt wird. Der Grund iſt wahrſcheinli< in dem allzufeinen Gebiſſe zu ſuchen; dieſes iſt überhaupt nicht dazu einge: rihtet, feſte Körper zu bewältigen, und die Muskelkraft der Kiefer auffallend gering. Einen Beweis hierzu lieferten mir drei lebende Feneks, welche, wenn ſie niht ſrei waren, d. Hh. in der Stube umherlaufen durften, in einem leihten Käfig eingeſperrt wurden. Dieſer war vorn bloß dur ein Gitter von ungefähr zollſtarken Fichtenſtäben verſchloſſen, und obwohl die Füchſe an den Stäben bei Nacht fortwährend arbeiteten, iſt es ihnen doh niemals gelungen, ſih dur<zubeißen.

„Jn der Gefangenſchaft iſt der Fenek, vorzüglich wenn er jung in die Gewalt des Menſchen fam, ein äußerſt lebendiger, höchſt vergnüglicher Geſellſchafter. Er wird ſehr bald zahm und mit ſeinein neuen Herrn vertraut. Manche werden ſo anhänglich, daß ſie dem Menſchen folgen, aus- und eingehen und abends in ihren Käfig zurü>kehren. Weniger lieben8würdig zeigt er ſih gegen andere ſeiner Art. Mehrere Feneks beißen ſih gelegentlich, und die Weibchen haben nict ſelten unter der ſhlehten Laune des Männchens zu leiden; ja bei mir ereignete es ſi ſogar, daß ein unzartes und unhöfliches Männchen ein reizendes Weibchen umbrachte. Meine Gefangenen liebten die Wärme über alles, und oftmals iſt es vorgekommen, daß ſie ſih in noh glühender Kaminaſche Pelz und Pfoten verbrannten, ohne den Plag zu verlaſſen. Vor offenem Feuer muß man ſie ſhüßen; denn ich erlebte es mehrmals, daß ſie ohne weiteres in dasſelbe hineinſprangen. Wenn ich ſpeiſte, ſaß mein Lieblingsfenek ſtets zu meinen Füßen und las ſorgſam alles auf, was ih vom Tiſche warf. Milch und Semmel gehörten zu ſeinen bevorzugten Speiſen. Jn meiner Stube hatte ih auh Käfige mit Vögeln hängen, welche das Tier lebhaft anzogen. Es war ſeine Haupkbeſchäftigung, ſtundenlang den Bewegungen der Vögel zu folgen. Er entwielte dabei ein bewunderungswürdiges Mienenſpiel, bei welhem die Begierde nah den fröhlihen Vögeln ſehr deutlihen Ausdru> gewann. Bei zwe>mäßiger Behandlung und guter Pflege kann der Fenek lange in der Gefangenſchaft aushalten. Mein Liebling lebte no< 2 Fahre im Berliner Tiergarten und endete nur durch ein trauriges Mißverſtändnis ſein Daſein. Er folgte nämlich heimlih dem Wärter, als dieſer ſeinen Käfig verließ, und ging mit ihm in den Behälter des Schakals. Dieſer ungaſtliche Geſell erwürgte ihn augenbli>li< zum größten Leidweſen aller, welche den liebenswürdigen und eigentümlichen Burſchen kennen gelernt hatten. .…. Vor Erkältung muß man dieſe ehten Söhne der glühenden Sahara beſonders in aht nehmen, weil ſie infolge einer ſolchen von einer Augenkrankheit befallen werden, welche faſt immer mit dem Tode endet.“

In den letzten Jahren habe ich den Fenek in verſchiedenen Tiergärten geſehen. Einer mix ſehr auffallenden Beobachtung, welche ih in Paris machte, muß ih hier Erwähnung thun. Jm Raubtierhauſe lebte ein Pärchen, welches der Kälte wegen noch in dem heizbaren Naume gehalten und von den Wärtern ſelten beſucht wurde. Um ſo größer ſchien die Freude der Tiere zu ſein, wenn endlich jemand kam. Sie gebärdeten ſich wie unſinnig, hüpften und ſprangen lebhaft umher, ließen freudige Töne hören und kamen zulebt ſo in Aufregung, Daß ſie ſich begatteten! J<h beſuchte ſie mehrere Male: es geſchah jedesmal dasſelbe, und ih darf alſo wohl vermuten, daß die ſchließlich eintretende Brunft nichts anderes als die Folge der maßloſen Aufregung der Tiere war. Dieſes merkwürdigen Gebarens ungeachtet, muß ih meinem Freunde beiſtimmen: der Fenek iſt der liebenswürdigſte Fuchs der Erde.