Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/2

218 Vierte Ordnung: Raubtiere; ſe<ſte Familie: Bären,

nah dem Ufex und freſſen zu der Zeit, wenn die Fiſhe im Überfluſſe ſind, nah Art der Hunde nichts mehr von ihnen als den Kopf. Finden ſie irgend ein ſtehendes Nez, ſo ziehen ſie ſolhes aus dem Waſſer und nehmen die Fiſche heraus. Gegen den Herbſt, wenn die Fiſche weiter in dem Strome auſwärts ſteigen, gehen ſie allmählich mit ihnen nah den Gebirgen. Wenn ein Eingeborener eines Bären anſihtig wird, ſpricht er ihn von weitem an und beredet ihn, Freundſchaft zu halten. Mädchen und Weiber laſſen ſih, wenn ſie auf dem Toxflande Beeren aufſammeln, dur<h die Bären nicht hindern. Geht einer auf ſie zu, ſo geſchieht es nur um der Beeren willen, welche ex ihnen abnimmt und frißt. Sonſt fallen ſie keinen Menſchen an, es ſei denn, daß man ſie im Schlafe ſtöre. Selten geſchieht es, daß der Bär auf einen Süßen losgeht, er werde angeſchoſſen oder niht. Sie ſind ſo fre, daß ſie wie Diebe in die Häuſer einbrehen und, was ihnen vorkommt, dur<hſucen.“

Ein einziger Bli>k auf das Gebiß des Bären lehrt, daß er Allesfreſſer und mehr auf pflanzliche als auf tieriſhe Nahrung angewieſen iſt. Am beſten läßt er ſi< mit dem Schweine vergleichen: wie dieſem iſt ihm alles Genießbare re<t. Für gewöhnli<h bilden Pflanzenſtoffe ſeine Hauptmahlzeit, kleine Tiere, namentlih Kerfe, Schne>en und dergleichen, die Zukoſt. Monatelang begnügt er ſih mit ſolcher Nahrung, äſt ſih wie ein Rind von jung auſkeimendem Roggen oder von fettem Graſe, frißt reifendes Getreide, Knoſpen, Obſt, Eicheln, Waldbeeren, Shwämme und dergleichen, wühlt nebenbei Ameiſenhaufen auf und erlabt ſi< an den Larven wie an den Alten, deren eigentümliche Säure ſeinem Gaumen behagen mag, oder wittert einen Bienenſto> aus, welcher ihm dann le>ere und höchſt willkommene Koſt gewährt. Jm ſüdlichen Kärnten trägt man die Bienenſtö>e im Sommer ins Gebirge, um ſie, je nachdem die Blüte der Alpenpflanzen eintritt, niedriger oder höher an den Bergen aufzuſtellen. Hier findet ſih zuweilen ein aus Krain herübergekommener Bär ein und thut dann großen Schaden, indem er die Stöe zerbricht und ihres Fnhaltes entleert. Vor einigen Jahren zog ein ſolcher Frrling von einem Bienenſtande zum anderen und vernichtete über 100 Stöcke, unter ihnen 8 meines Gewährsmannes, des Förſters Wippel. Auch in Sibixien und Turkiſtan iſt er wie anderwärts für die Jmmenzüchter ein böſer Gaſt. Krement erzählt, daß er mit Sicherheit die Stöcke ausfinde, welche viel oder überhaupt Honig enthalten. Diejenigen, welche auf Bäumen angebracht ſind, wirft er auf den Boden herab, trägt ſie auch oft weit hinweg, bevor er daran geht, ſi< am ſüßen Fnhalte zu laben. Meiſt wird es ihm ſehr erſhwert, an die auf Bäumen befeſtigten Stöke zu gelangen, denn die kundigen Bauern pflegen den Stamm hoch hinauf von Äſten zu ſäubern und oben mit einer feſten, wagere<ht ausladenden Bretterbühne zu umgeben, die er zertrümmern oder mit ungewöhnlicher Kletterkunſt überwinden muß. Beim Diebſtahl ertappt, nimmt er eilig Neißaus, rutſht am Stamme herab oder läßt ſih, wenn ihn die Bühne behindert, von ihrem Rande einfa zur Erde fallen, ohne dabei ſonderli<h Schaden zu nehmen. Die Angriffe der Bienen ſind ihm nichts weniger als gleichgültig; er brummt vor Shmerz, wälzt ſich, ſucht die Peiniger mit den Branten abzuſtreifen, räumt auch, wenn es ihm gar zu arg wird, das Feld und zieht zu Holze oder zu Waſſer, kehrt aber früher oder ſpäter zurü>, den Kampf um die geliebte Le>erei wieder aufzunehmen.

Jn den Waldungen des Burejagebirges kehrt er im Funi und Fuli, wenn es ihm noh an Beeren fehlt, vom Winde umgebrochene Bäume um, deren Mulm er na<h Käfern und ihren Larven durchſucht. An ſolchen umgewälzten Windfällen und an den zerwühlten Ameiſenhaufen erkennt man überall ſein Vorhandenſein. Sobald die Reife der Beeren beginnt, zieht er dieſen nah, biegt auh junge, beerentragende Bäume zum Boden herab, um zu deren Früchten zu gelangen; wenn das Getreide, insbeſondere Hafer und Mais, Körner anſett, beſucht er die Felder, läßt ſih nieder und rutſcht, in einer einzigen Nacht ziemliche Flächen verwüſtend, ſißend auf und ab, um in aller Bequemlichkeit die Ähren und Riſpen