Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/2

Landb är: Nahrung. Leckerbiſſen. Ein Tagewcerk. 219

zum Maule führen zu können; in den Herbſtmonaten geht er den abfallenden Eicheln und Bucheln oder in den Waldungen Sibiriens den Zirbelnüſſen nah, ſoll auh, na< NRadde gewordenen Mitteilungen, die Zirbelfichten beſteigen und deren Wipfel abbrechen, um zu den förnerreichen Zapfen zu gelangen. Wenn die Nahrung, vornehmlich aber wenn das Waſſer fnapp wird, denn Pet iſ ein ſtarker Trinker, begibt ſi ſelbſt der Standbär notgedrungen auf größere Wanderungen und führt zeitweilig ein unſtetes Leben; dann kommt er le<hzend ſogar bis an die Wohnſiße der Menſchen, um ſeinen brennenden Durſt zu ſtillen. Ex unternimmt aber auh Wanderzüge, wenn irgendwo ihm ſehr behagende Waldfrüchte in Menge gediehen ſind. „Vorzüglich liebt der Bär“, ſhreibt Kremens8, „neben Obſt und Haſelnüſſen, Eicheln. Sie bilden, wenn ſie reihli< geraten ſind, ſeinen Lieblingsfraß; ihnen zieht er weither nac, und nicht ſelten ſhlägt er ſih in großen Eichenbeſtänden zur Zeit der Reife in großen Trupps zuſammen. So wurden in einem ſolchen Falle im Kreiſe Bobrysf im Oktober auf einer Treibjagd in einem großen, mit zahlreichen Eichenſtämmen durſtandenen Forſtorte in einem Treiben elf Stü auf die Stre>e gebracht, und eine niht geringere Anzahl bra dur. Der Bär wird nah dem Fraße von Eicheln und Heidekorn ſehr feiſt, während Fleiſch, Beeren, Obſt und Hafer wenig Feiſt anſeßen. Am begierigſten iſt der Bär nah Honig, dem er im Herbſte ſcharf nachſtellt.“

Das Tagewerk eines Standbären, der alſo ein beſtimmtes Gebiet als ſein eigenſtes Reich betrahtet, ſchildert Kremeng ſehr anſhaulih. „Bei ſeinen täglihen Rundgängen iſt der Bär ungemein aufmerkſam, ſein Gang behäbig und durchaus niht beſchleunigt. Nur wenn er etwas vernimmt, trollt er entweder eilig davon, oder bleibt ſtehen, ſichert hierhin und dorthin, hebt und dreht dabei das Gehör, wendet fleißig den dien Kopf und ſeßt ſich zuweilen auf das fleiſchige Hinterteil. Fſſtt ihm ein Gegenſtand verdächtig, ſo äugt er ihn unverwandt mit vorgeſtre>tem Halſe und gehobenem Kopfe an, trollt entweder vorbei, oder brummt ihn an und umſchlägt ihn in einem Bogen, dabei jedoh den Gegenſtand niht aus den Augen vexrlierend. Neugierig, wie er nun einmal iſt, beſchnuppert ex alles, wendet den Gegenſtand nach allen Seiten und beäugt ihn gründli<h. Dann und wann beſteigt er einen Baum, klettert hoch in den Gipfel hinein, lugt fleißig aus und hält Umſchau. Den Wechſel hält er bei dieſen Gängen, wenn ex nicht beunruhigt wird, ziemlich feſt ein und trifft an gewiſſen Punkten ſeines Standrevieres alltäglich beinahe um dieſ elbe Stunde ein, ſo daß alte bärenkundige Buſhwächter zuweilen wohl im ſtande ſind, anzugeben, an welcher Stelle des Revieres die ihnen wohlbekannten Pete ſih zu einer gewiſſen Tageszeit befinden. Dem Bären im Freien auf dieſen ſeinen täglihen Wanderungen zu folgen, ſein Thun und Treiben zu beobachten und zu belauſchen, iſt unmöglich, und das zufällige Zuſammentreffen mit ihm oder ſelbſt das Erwarten an ſeinen Lieblingsaufenthalten, wie Tränken 2c., ſind Vorgänge, die eben wegen ihrer kurzen Dauer wenig Aufklärung über die in mancher Beziehung noch vielfah dunkle Leben3weiſe des Bären verbreiten können. Mehr Licht verſchaffen in dieſer Beziehung die friſchen Fährten bei Tau und Reif, und es möge hier das Ergebnis der Verfolgung einer ſolchen Fährte eine Stelle finden. Der mittelſtarke Bär wechſelte frühmorgens über eine Wieſe, wendete ein an deren Rande lagerndes Stück Kiefernſtammholz um, fragte an einzelnen Stellen darunter die Erde auf und ſuchte hier nah Würmern, Puppen und Larven. Die Rinde des bereits 2 Jahre alten Stammes hatte er an mehreren Stellen aufgeriſſen und ſi< in dem Wurmmehle die fetten Larven von Bo>käfern 2c. zu Gemüte geführt. Sein weiterer Gang durs Holz kennzeichnete ſih dur< Aufkraßzen des Laubes, Auseinanderwerfen von Ameiſenhaufen, Umwenden von Rindenſtü>en und Lagerholz, Abfreſſen von Blau- und Preißelbeeren und Shwämmen. An einzelnen Stellen hatte ev die Erde vielfach aufgekrazt und die friſche Loſung von Elchwild auseinander geworfen und war alsdann auf der Fährte des lebteren hingetrollt; dann wandte er ſih einem Bruche