Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/2

Landbär: Beutetiere. Raubweiſe. Stärke. 221

erhoben gehend, dur<h einen Bah in den Wald. Einen am Feuer ſißenden Waldwärter überfiel ein unbeabſihtigt aus ſeinem Winterlager aufgeſhre>ter Bär von hinten „und zerſchmetterte ihm dur einen mächtigen Schlag und Ru>k mit den Vorderbranten den Hirnſchädel ſo daß augenbli>liher Tod erfolgte“. Ein vierter zog einen in eine Grube geſtürzten lebenden El<hhirſch, deſſen Gewicht an 300 kg geſhäßt wurde, aus dieſer heraus und (leiſte ihn einen halben Kilometer weit dur< den Sumpf.

Hirſche, Rehe und Gemſen mögen, dank ihrer Wachſamkeit und Schnelligkeit, dem Bären oft genug entgehen; gleihwohl jagt dieſer au<h im Norden Skandinaviens den Renntieren längere Zeit eifrig nah. Selbſt den Fiſchen ſtellt er nah und verfolgt, ihnen zu Gefallen, den Lauf der Flüſſe auf weite Stre>en. Fn den Rokitnoſümpfen lebt er, laut Krement, mit dem Fiſchotter, deſſen Aus- und Einſtiege er beſhleiht und überwacht, auf geſpanntem Fuße, friedlih dagegen mit Lus, Fuchs, Haſe und Biber; Dachsbaue beſucht er mitunter und ſte>t ſeinen Kopf in die Röhre. Wölfe beläſtigen ihn man<hmal in ſeinem Winterlager, verfolgen auh den angeſchoſſenen und wagen ſi bisweilen an eine Bärenmutter, die ihre Jungen freilih hartnä>ig und niht erfolglos verteidigt. Kein Vierfüßler aber iſt dem Bären ſo verhaßt wie der Hund, keinen fürchtet er mehr. „Pferde fallen hierorts“ fährt Kremeng fort, „dem Bären ſelten zur Beute, Shweine, Schafe und Ziegen beinahe niemals, obgleich i< niht leugnen will, daß manches Stü dieſer Haustiere, das auf Rehnung des Wolfes gebuht wird, Meiſter Peß auf die Rehnung zu ſeven iſt. Von Wild ſ{<lägt der Bär Elhwild, Schwein und Reh, ſtellt dem Auer-, Birk: und Haſelwilde nah und verachtet auh niht des leßteren Eier. Der Bär ſucht ſeine Beute anzuſchleichen oder erwartet ſie im Hinterhalte, gede>t durch eine tief beaſtete Fichte, oder im jungen dichten Kiefernoder Fichtenanflughorſte, im dichten Weidengeſtrüppe, hinter Lagerholz, in einer Vertiefung, im hohen Graſe oder Schilfe 2c., in oder hinter welchen De>mitteln er ſi< zum Sprunge oder zu ſonſtigem raſchen Vorgehen bereit hält. Ft ihm die Beute, beſonders einzelne von der Herde abſhweifende Stücke, nahegekommen, ſo wirſt er ſi<h ungemein raſch darauf und ſucht ſie dur einen kräftigen Schlag und Ru> auf den Nü>en zu Boden zu werfen und alsdann zu überwältigen, wobei er die ſcharfen und langen Waffen der Vorderbranten tief ins Fleiſch einſenkt und nicht ſelten ganze Stücke davon nebſt Haut bloßlegt, während er ſein Opfer meiſtens am Halſe zu Tode beißt. Die meiſten der von mir beobachteten, von Bären geſchlagenen Kühe und OWhſen hatten die Wunden auf dem Rü>en, an den Seiten und am Halſe.“

Selbſtverſtändlich erlebt auh Meiſter Pet, wenn er das Näuberhandwerk betreibt, manchen Mißerfolg, manche Enttäuſchung : er erreicht das erwählte Tier nicht, oder das ſchon geſhlagene entfommt ihm dur<h eine verzweifelte Anſtrengung, oder er ſelbſt muß vor den Angriffen des einer überfallenen Kuh zu Hilfe kommenden Stieres das Feld räumen, wobei es ihm dann manchmal ret ſ{<le<t ergehen mag. Übrigens zeigt der ungeſhlachte Geſelle, wenn ihm nah Fleiſch gelüſtet, doh auch eine Liſtigkeit, die man ihm kaum zutrauen möchte. So ſoll er bisweilen den Elchhirſ<h dur<h Nachahmen des Brunftrufes anzulo>en verſuchen, und Kremenß bezweifelt nah eigener Beobachtung durchaus niht, daß dann und wann mittels dieſes Kunſtgriffes wohl ein Elch berü>t werde. Am meiſten verlegt ih der Bär aufs Rauben, wenn er eben ſein Winterlager verlaſſen hat, heruntergekommen und hungerig iſt und doch gerade um dieſe Zeit im Walde bloß die ſpärlihſte Pflanzenkoſt findet. Doch gibt es zweifellos auh Pete, die eine Vorliebe für Fleiſch erworben haben und bedacht ſind ſich dieſes troß reichlicher Waldmaſt zu verſchaffen. Jhre Beute pflegen alle leiht mit Reiſig, Laub und Moos zu bede>en. Daß der Bär unter Umſtänden Luder angeht, iſt durch die reichen Erfahrungen ruſſiſcher Jäger hinlänglich verbürgt. Wenn Viehſeuchen wüten und die ſibiriſchen Bauern zwingen, die gefallenen Stücke einzugraben, wühlen