Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/2

Landbär: Jugendleben. Färbung. Verhalten im Himalaja. 229

dem Gehöre verlängert, während die andere etwas nah hinten ausläuft und mit ihrem Ende ſih wieder nah vorn biegt. Dieſe Zeichnung erleidet jedo< vielfahe Abänderungen. Eine Vereinigung der beiden Seitenzeihnungen des Halsringes oben auf der Mitte des Halſes findet höchſt ſelten ſtatt, der Halsring iſt ein meiſt niht vollkommen geſchloſſener. Nicht alle Bären beſißen indeſſen den Halsring. So hatten von den oben erwähnten fünf Jungen drei einen Gürtel und zwei auch niht die geringſte Spur eines ſolchen. Bei alten Bären ſprit ſi das Alter au< in der Behaarung aus. Die Grundwolle iſt ſparſamer, dünner, rauher, die Grannenhaare werden mehr borſtenartig und legen ſi<h mehr an den Körper an; das Geſicht und beſonders das Gehör nehmen eine mehr graue Färbung an, die an leßterem und auh an der büſchelförmigen Behaarung des Widerriſtes mitunter ins Milchgelbe übergeht und ſih bei ganz alten Stücken in wenn auch ſeltenen Fällen am Buge hinabzieht. Der weiße Halsring, der wie bei den Jungen ſo auch bei den Alten nicht immer auſtritt, zeigt ſih niht unter 14—16 Jahren, obgleich einzelne Stücke von Jugend auf eine leiſe Andeutung des Hals8ringes bis ins ſpäte Alter aufzuweiſen haben.“

Der eingangs mit angeführte Fſabellbär oder, wie engliſche Weidmänner ihn nennen, der Shneebär des Himalaja, der nah Blanford vom gemeinen Landbären nicht zu trennen iſt, zeigt in mancher Beziehung ein abweichendes Verhalten. Nah Ferdon und Kinloch bewohnt er die Höhen des Gebirges, lebt im Sommer oberhalb der Waldgrenze in der Nähe des Schnees und ſteigt bloß im Frühling und Herbſt etwas tiefer herab in die Wälder, fommt auch bis in die Nähe menſ<hliher Wohnſiße, wo er Fruhtgärten und Felder plündert. Bäume erklettert er ſelten. Nach allen Angaben nährt er ſi faſt aus\<hließli<h von Pflanzenſtoffen und Kerbtieren, ſchlägt ſelten einmal ein Haustier und pflegt noch ſeltener von einer ſolchen Beute zu freſſen. Stewart berichtet jedo< von einem Falle, daß ein ſehr ſtarker Vär zwei ſhwächere getötet und teilweiſe angeſchnitten hatte; daß Ähnliches ſich auh in anderen Gebieten ereignet, ergibt ſi<h aus Beobachtungen von Kremenß. Vor zwei Menſchenaltern ſoll Kaſchmir von Fſabellbären förmlih gewimmelt haben, und noch in den ſechziger Jahren hat Kinloch an einem Tage 13 geſehen, einer ſeiner Fagdfreunde aber ſogar 28 aufgetrieben und davon 7 erlegt. Wie ihresgleichen in nördliheren Gebieten, halten au< die Bären im Himalaja Winterruhe, ohne jedo< in einen ununterbrochenen Schlaf zu verfallen. Die Bärzeit beginnt Ende September und währt bis zum November, die Jungen werden nah ungefähr 6 Monaten, im April und Mai, geboren. Blanford ſagt ausdrü>lih, daß ſowohl die ein- als auch die zweijährigen Jungen oftmals die Mutter begleiten, daß ſie in der Regel ſogar bis zum 3. Jahre, in welcher Zeit ſie bereits herangewachſen ſind, mit ihr herumſchweiſen. Die äußeren Merkmale, beſonders Färbung und Größe, ſind außerordentlih mannigfaltig; die geiſtigen Fähigkeiten werden in Kaſchmir ſo wenig geſchäßt, daß man den Namen des Vären, Harpat, ſprihwörtlih auf täppiſche und dumme Menſchen anwendet. Nach Blanford ſind dieſe Bären leiht zu zähmen, und man begegnet ihnen niht ſelten au<h in den Ebenen Jndiens, wo ſie von Shaumännern umhergeführt werden.

Junge, etwa 5—6 Monate alte Bären ſind höchſt ergößgliche Tiere. Fhre Beweglihkeit iſt groß, ihre Tölpelhaſtigkeit niht geringer, und ſo erklärt es ſih, daß ſie fortwährend die drolligſten Streiche ausführen. Jhr kindiſches Weſen zeigt ſi in jeder Handlung. Sie ſind ſpielluſtig im hohen Grade, klettern aus reinem Übermute oft an den Bäumen empor, balgen ſi< wie muntere Buben, ſpringen ins Waſſer, rennen zwe>- und ziellos umher und treiben hunderterlei Poſſen. Fhrem Wärter beweiſen ſie keine beſondere Zärtlichkeit, ſind vielmehr gegen jedermann gleich freundlih und unterſcheiden niht zwiſchen dem einen oder dem anderen. Wer ihnen etwas zu freſſen gibt, iſt der rehte Mann; wer ſie irgendwie erzürnt, wird als Feind angeſehen und womöglich feindlih behandelt. Sie