Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/2

Landbär: Weſen gefangener. Jagd. Gefährlichkeit. 23

Die BVärenjagd gehört zu dem gefährlichen Weidwerke; doh werden gerade neuerdings von geübten Bärenjägern die ſchauerlichen Geſchichten, welhe man früher erzählt hat, in Abrede geſtellt. Gute Hunde, vor denen alle Peßbe eine ganz außerordentlihe Furt bekunden, bleiben unter allen Umſtänden die beſten Gehilfen des Jägers. Jm ſüdöſtlihen Europa erlegt man den Bären hauptſählih während der Feiſtzeit auf Treibjagden, ſeltener auf dem Anſtande und nur ausnahms3weiſe in oder vor ſeinem Winterlager; in Rußland dagegen ſucht man ihn gerade hier mit Vorliebe auf. Da der Bär ſich treiben läßt und ſeinen Wechſel einhält, kann man, nachdem er dur< kundige Jäger beſtätigt worden iſt, bei Treibjagden ebenſowohl wie auf dém Anſtande mit ziemlicher Sicherheit auf Erfolg re<nen, vorausgeſeßt natürlih, daß man die Wechſel kennt. Kühles Blut und ſichere Hand, gute und erprobte Waffen ſind unerläßlihe Erforderniſſe eines Bärenjägers.

„Die vielfah verbreitete Meinung“, ſ{<hreibt Kremenßt, „daß der Bär bei ſeinen Angriffen ſih ſtets auf ſeinen Hinterbranten erhebe und ſo ſeinem Gegner entgegengehe, iſt eine gänzlich irrige, es würde auch in dieſem Falle dem Angriffe leichter zu begegnen ſein. Jc habe eigenhändig 29 Bären geſchoſſen, habe gegen 65 ſchießen ſehen, war zugegen, als Bären jeder Größe und Sorte annahmen, und bin ſelbſt mehrmals angenommen worden; ih habe jedo< nur einen Bären und eine Bärin beobachtet, die beim Angriffe ſih erhoben und ſo, aufgerichtet, dem Gegner eine Strecke entgegengingen. Jch will jedoch hiermit keine83wegs behauptet haben, daß der Fall, wie er eben vielfa<h in Jagdſchriſten und ſonſtigen wiſſenſchaſtlichen Werken dargeſtellt zu werden beliebt wird, ſich niemals ereignet, nur ſcheinen mix dergleichen Fälle äußerſt ſelten einzutreten. Der Angriff des Bären iſt meiſt ein plößlicher und raſcher, wobei er entweder durch eine ſhnelle und heftige Seitenbewegung einer Vorderbrante den Gegner zu ſchlagen ſucht, oder ſi im raſchen Trollen plößlih in unmittelbarer Nähe des Gegners auf den Hinterbranten erhebt und durch einen heftigen Stoß mit den Vorderbranten den Feind niederzuwerfen ſucht, oder aber er verſeßt ihm einen kräftigen Slag und Ru> und beißt mitunter noh raſh zu, hält ſih jedo<h, wenn Menſchen und Hunde in der Nähe ſind, nie lange bei ſeinem Dpfer auf, ſondern ſucht das Weite.“ Fm Himalaja zeigt ſi< unſer Bär, laut Blanford, als ein ſehr harmloſes Tier, welches niemals Menſchen angreift und ſelbſt verwundet ſehr ſelten, wenn überhaupt jemals, ſich zur Wehre ſett. Kinlo<h, welcher wohl die meiſten erlegt hat, vertritt auf Grund ſeiner reichen Erfahrungen dieſe Anſicht durchaus; er hat es niemals erlebt, daß ein Bär Miene gemacht hätte, anzugreifen, und auh niht davon gehört. Wohl aber mag nach ihm ein vollſtändig in die Enge getriebener Bär beim Durchbrechen einen Verfolger niederwerfen, unter Umſtänden auch eilig einen Slag oder Biß verſetzen, aber alles dies nur in der Abſicht, ſich einen Weg zur Flucht zu öffnen. Daß er ſich aufrihte, um einen Gegner zu umarmen und zu erdrü>en, wird allſeitig als eine Fabel bezeichnet.

Neben weidgerehter Jagd betreibt man überall no< andere, wendet überhaupt alle Mittel an, um ſich des Raubtieres da, wo es läſtig wird, zu entledigen. Kühner Mannesmut und Hinterliſt vereinigen ſi< zur Erreichung dieſes Zieles. Fn Galizien und Siebenbürgen legt man ſ{<were Schlageiſen auf ſeine Wechſel, befeſtigt an ihnen eine Kette und an dieſer mittels eines längeren, feſten Strikes einen {hweren Kloß. Der Vär tritt gelegentlih in eines der Eiſen, verſucht vergeblich, ſi<h von ihm zu befreien oder die Kette zu zerbeißen, hängt ſih ſ<ließli<h an einem Baume feſt, mattet ſih ab und geht elendiglich zu Grunde. Dem Jäger, welcher alle zwei Tage die Wechſel begeht, zeigt das geſchleppte Eiſen, die Kette oder der Kloß den von dem gefangenen Bären genommenen Weg deutlich genug an, um ihn ſicher aufzufinden. „Die Aſiaten“, erzählt Steller, „machen ein Gebäude von vielen aufeinander liegenden Balken, welche alle zuſammenſtürzen und die Vären erſchlagen, ſobald ſie auf die vor ihnen leiſe aufgeſtellten Fallen kommen. Sie graben eine