Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/2

Aguarachay: Raubweiſe. Neugier. Zähmbarkeit. 59

welchen man ſonſt nur hört, wenn eine Wetterveränderung bevorſteht. Männchen und Weibcen bauen ſi< nun ein gemeinſchaftlihes Lager im Gebüſche, unter loſen Baumwurzeln, in den verlaſſenen Höhlen des Tatu 2c. Einen eigenen Bau graben ſie niht. Fm Frühjahre, d. h. im Weinmonate, wirft das Weibchen hier 3—5 Junge, welche es in den erſten Wochen nur ſelten verläßt. Das Männchen trägt ihnen Raub zu. Sobald die Jungen freſſen können, gehen beide Alten auf die Jagd aus und verſorgen ihre Brut gemeinſchaftli. Gegen Ende des Chriſtmondes trifft man ſchon junge Aguarachays an, welche der Mutter auf ihren Streifereien folgen. Um dieſe Zeit trennt ſh der Hund von der Familie, und ſpäter verläßt auh das Weibchen die Jungen. Der Aguarachay wird in Paraguay ſehr häufig als Säugling eingefangen und gezähmt. Geſchieht das leßtere mit Sorgſalt, ſo kann er zum Haustiere gemacht werden. Jh ſah ihrer zwei, welche faſt ſo zahm waren wie Haushunde, obgleih nicht ſo folgſam. Beide waren ganz jung einer ſäugenden Hündin angelegt und mit deren Gewölfe aufgezogen worden. Fhren Herrn lernten ſie-bald kennen, famen auf ſeinen Ruf zu ihm, ſuchten ihn zuweilen von ſelbſt auf, ſpielten mit ihm und bele>ten ſeine Hände. Gegen unbekannte Perſonen waren ſie gleihgültig. Mit ihren Stiefgeſhwiſtern hatten ſie ſih gut vertragen; beim Anbli>e fremder Hunde ſträubten ſie ihr Haax und fingen an zu kläffen. Sie liefen frei umher, ohne daß ſie zu entfliehen ſuchten, obgleih ſie oft ganze Nächte hindur< vom Hauſe abweſend waren. Durch Schläge fonnten ſie von einer Handlung abgehalten, aber weder dur<h Güte noh dur Gewalt zu etwas gezwungen werden. Die Gefangenſchaft hatte ihre angeſtammte Lebensweiſe nur wenig verändert. Sie ſchliefen den größten Teil des Tages hindurh, wachten gegen Abend auf, liefen dann einige Zeit im Hauſe herum und ſuchten ſich ihre Nahrung auf oder ſpielten mit ihrem Herrn. Mit einbrechender Nacht verließen ſie das Haus und jagten wie die wilden in Wald und Feld oder ſtahlen von den benahbarten Hütten Hühner und Enten weg; gegen Morgen kehrten ſie nah Hauſe zurü>. Allein auch da war das zahme Geflügel nihts weniger als ſicher vor ihnen, falls ſie dasſelbe unbemerkt rauben konnten; ſowie ſie ſih aber beobachtet glaubten, warfen ſie keinen Bli> auf die Hühner.

„Da beide Tiere ihren Stiefgeſhwiſtern ſehr zugethan waren, begleiteten ſie dieſelben gewöhnlih, wenn ihr Herr mit ihnen auf die Jagd ritt, und halfen das Wild aufſuchen und verfolgen. Jh ſelbſt habe mit dieſen Schakalfüchſen mehrere Male gejagt und war erſtaunt über ihren äußerſt feinen Geruch, indem ſie im Aufſuchen und Verfolgen einer Fährte die beſten Hunde übertrafen. War ein Wild aufgeſtoßen, ſo verloren ſie nie die Spur, dieſelbe mochte auh noc ſo oft dur<h andere gekreuzt ſein. Am liebſten jagten ſie Rebhühner, Agutis, Tatus und junge Feldhirſche, alles Tiere, welchen ſie auf ihren nähtlichen Streifereien nachzuſtellen gewöhnt waren. Auch große Hirſche, Pekaris und ſelbſt den Jaguar halfen ſie jagen. Währte aber die Jagd mehrere Stunden fort, ſo ermüdeten ſie viel früher als die Hunde und kehrten dann nah Hauſe zurü>, ohne auf das Zuruſfen ihres Herrn zu achten. Bei dieſer Gelegenheit beobachtete ih eine ſonderbare Gewohnheit des Aguarachay, von welcher mir ſhon mehrere Jäger geſprochen hatten. Wenn er nämlich ein Stück Leder oder einen Lappen Tuch oder ſonſt einen ihm unbekannten Gegenſtand auf ſei: nem Wege antrifft, ergreift er denſelben mit den Zähnen, trägt ihn eine Stre>e weit und verſte>t ihn dann in einem Gebüſche oder im hohen Graſe, worauf er ſeinen Lauf fortſeßt, ohne ſpäter zu der Stelle zurückzukehren. Dieſer Sitte wegen müſſen die Reiſenden, welche die Nächte unter freiem Himmel zubringen, ihre Zäume, Sättel und Gurte gut verwahren, ſonſt werden ſie ihnen leicht von dem Aguarahay weggetragen, niht aber, wie Azara be: hauptet, gefreſſen. Mix wurde auf meiner Reiſe ein Zaum, einem meiner Reiſegeſährten ein Shnupftuch entwendet: beides fanden wir am anderen Morgen in einiger Entfernung von unſerem Lager unverſehrt im dichten Geſtrüpp wieder.“ Tſchudi fand in einer Höhle