Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/2

Hyänenhund: Raubweiſe. Gefangenleben. 65

ein Hyänenhund es wirklih wagt, ganz allein ein ſo mächtiges Tier anzugreifen.“ Nach dem, was vom indiſhen Wildhunde berichtet wird, dürfen wir wohl annehmen, daß unſer Afrikaner bei einer ſolchen Jagd ſeine Beute oft genug bewältigt.

Dex Hyänenhund ſcheint ein für die Zähmung vielverſ prehendes Raubtier zu ſein. Er würde einen vortrefflichen Spürhund abgeben; aber freilih ſo ohne weiteres läßt ſi ein derartiger Charakter dem Willen des Menſchen niht unterthänig machen. Livingſtones auf Hörenſagen beruhende Angabe, daß Bewohner der Kalahari ihn zu zähmen und zur Jagd abzurihhten verſtünden, hat einerlei Beſtätigung gefunden. Burchell ſchildert das Weſen des Tieres ſehr richtig. Eine gefangene Jagdhyäne, welche er 13 Monate lang in ſeinem Hofe hatte, ſchre>te jedermann ab, Zähmungsverſuche mit ihr anzuſtellen, zeigte ſich im Verlaufe der Zeit aber do<h niht gänzlich unzugänglich und ſpielte zuleßzt oft mit einem glei ihr angeketteten Hunde, ohne dieſen jemals zu verleßen. Jhr Wärter durfte ſich jedo< niemals Vertraulichkeiten gegen fie herausnehmen. Schw einfurth ſah jedo< in einer Seriba im Bongolande „ein in hohem Grade gezähmtes Stü welches feinem Herrn gegenüber die Folgſamkeit eines Hundes an den Tag legte“. Jm Jahre 1859 fand ih zu meiner großen Freude einen ſehr ſhön gehaltenen und faſt erwachſenen Steppenhund in einer Tier\<aubude in Leipzig. Der Beſizer zeigte außer ihm auh no< zwei junge Nilpferde, die erſten, welhe nah Deutſchland gekommen waren, und bot ſomit dem Kundigen einen ſeltenen Genuß. Der Hund ergößte jedermann durch ſeine außerordentliche Lebendigkeit und Beweglihkeit. Bei meinen vielfachen Beſuchen in jener Bude habe ih ihn kaum eine Minute lang ruhig geſehen. Allerdings konnte er auh nur diejenigen Bewegungen ausführen, welche ihm ſeine Kette zuließ; allein niemals ſprang er in derſelben einförmigen Weiſe hin und her, in welcher ſi<h andere eingeſperrte Raubtiere zu bewegen pflegen, wußte vielmehr die mannigfaltigſten Abwechſelungen in ſeine Sprünge zu bringen. Die Luſt, größere Tiere anzugreifen, war bei ihm ſehr ausgeprägt; denn ſo oft ſich ihm die Nilpferde näherten oder ihm auch nux einen Teil ihres Körpers zuwandten, verſuchte er es, ſie wenigſtens zu zwicken, da ihm das di>e Fell ſeiner Genoſſen natürlich undurchdringli<h war. Äußerſt ſpaßhaft ſah es aus, wenn er ein Nilpferd am Kopfe angriff. Der ungeſchlachte Rieſe öffnete gutmütig ernſt ſeinen ungeheueren Rachen, als wolle er dem übermütigen Hunde anraten, ſich in aht zu nehmen, und dieſer verſuchte es dann auch wirklih niht, den gar zu gefährlich ausſehenden, aber im Grunde doch harmloſen Waſſerbewohner anzugreifen. Er war ſo gut gezähmt, als er vielleicht gezähmt werden kann, und freute ſi< ungemein, wenn ſein Wärter ſih ihm näherte und ihn liebkoſte. Gleichwohl waren die Hände dieſes Mannes über und über mit Bißwunden bede>t, welche der Hund ihm beigebracht hatte, wahrſcheinlich gar niht in böſer Abſicht, ſondern eben nur aus reinem Übermute.

Die Betrachtung des lebenden Steppenhundes ließ | ogleih jede Ähnlichkeit zwiſchen ihm und der Hyäne verſhwinden. Schon das kluge, gewe>te, muntere und liſtige, ja übermütige Geſicht des behenden Geſellen zeigte einen ganz anderen Ausdru>; noh auffallender aber wurde der Unterſchied zwiſchen beiden, wenn man die leichten und zierlichen Bewegungen des Hundes mit denen der Hyäne verglich. Der Hund erſchien au< dem Uneingeweihten gleichſam als ein Erzeugnis des hellen Tages, während die Hyäne ſi als ein etes Kind der Nacht kundgibt. Später habe ih mehrere der Tiere geſehen und einige auh gefangen gehalten. Ein ungeſtümer Mutwille, ein, wie es ſcheinen will, unbezähmbarer Drang zum Beißen, vielleicht ohne Abſicht, dadurch wehe zu thun, ſondern eher das Beſtreben, die que>ſilberne Lebendigkeit des regen Geiſtes zu bethätigen: dies ſcheint mir das eigentlihe Weſen dieſes Tieres zu ſein. Jede Fiber zu>t und bewegt ſi, ſobald der Hyänenhund irgendwie in Aufregung gerät. Seine unglaubliche Regſamkeit nimmt das Gepräge der übertriebenen Luſtigkeit an und erſcheint einen Augenbli> ſpäter als Wildheit, Biſſigkeit, Raubluſt.

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Brehm, Tierleben. 3. Auflage. IL.