Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/3

114 Zehnte Drdnung: Unpaarzeher; dritte Familie: Nashörner.

au< nahm ſie Rücſichten auf ihr Kind und zeigte deshalb ein ſo vollſtändig verändertes Betragen; denn ſie ließ ſi<h Mißhandlungen oder Behelligungen gefallen, welche ſie ſonſt ſicherlih zurü>gewieſen haben würde und wenige Tage ſpäter auch thatſählih auf das kräftigſte abwehrte. Das junge Badak-Nashorn erinnerte wegen ſeines mageren Leibes , der langen Glieder und der Art und Weiſe, wie es den großen, geſtre>ten Kopf bewegte, an einen jungen Eſel oder an ein verhungertes Ferkel. Sein vorderes Horn war bereits vorhanden und etwa 2 cm hoch, ſein hinteres no<h nict ſihtbar, deſſen Stelle aber dur< einen na>ten Fle>en angedeutet , ſein beinahe ſhwarzhäutiger Leib dicht mit kurzem, krauſem, ſ<warxzem Haar bekleidet / das Dhr innen wie außen dichter, der Shwanz an der Spiße bürſtenartig behaart. Beſonders merkwürdig erſchien die Beſchaffenheit der Hufe, welche unter der weichen Sohle lagen und ſomit das Tier nötigten, auf der Vorder- oder Außenſeite der Hufe zu gehen. Seine Länge betrug ungefähr 1 m, die Schulterhöhe 60 ecm, das Gewicht 25 kg.

Leider lebte das Tierchen niht lange. Laut Noll, welcher na<h Hagenbe>s Mitteilungen über das freudige Ereignis berichtete, wurde es zwar von der Alten treulich gepflegt und am Tage ſieben- bis achtmal, des Nachts drei- bis viermal genährt, gedieh auch zuſehends und wuchs merkwürdig ſ{nell, lag aber bereits am Morgen des 10. Dezembers tot im Stalle, wahrſcheinlih erdrü>t von der eigenen Mutter, welche ſi, als man ihr jeßt das Junge wegnahm, überaus wütend gebärdete.

Auch von freilebenden Nashörnern hat man erkundet, daß die Mutter warme Liebe für ihr Junges zeigt, es faſt 2 Jahre hindurch ſäugt, während dieſer Zeit mit der größten Sorgfalt bewacht und bei Gefahr grimmig verteidigt. Wie lange das junge Nashorn bei ſeiner Mutter bleibt, weiß man niht; ebenſowenig kennt man das Verhältnis zwiſchen dem Vater und dem Kinde. Das Wachstum des leßteren ſchreitet in den erſten Monaten raſch vor ſih. Ein Nashorn, welches am dritten Tage etwa 60 cm ho< und 1,1 m lang war, wächſt in einem Monate 13 em in die Höhe und 15 em in die Länge. Nach 13 Monaten hat es bereits eine Höhe von 1,2, eine Länge von 2 und einen Umfang von 2,1 m erreicht. Die Haut iſt in den erſten Monaten von dunkelrötlicher Farbe und erhält ſpäter eine dunkle Schattierung auf hellerem Grunde. Bei den bezüglichen Arten iſt bis zum 14. Monate faum eine Andeutung der Falten vorhanden ; dann aber bilden ſih dieſe ſo raſh aus, daß binnen wenigen Monaten kein Unterſchied zwiſchen den Alten und Fungen vorhanden iſt. Übrigens gehört mindeſtens ein actjähriges Wachstum dazu, bevor das Nashorn eine Mittelgröße erreicht hat, und erſt nah zurü>gelegtem 13. Fahre nehmen gefangene niht mehr an Größe und Umfang zu. Das Horn biegt ſih dur das ewige Wegen mehr nah hinten. Manche, zumal gefangene Nashörnexr, haben die Gewohnheit, ſo viel mit ihm zu ſchleifen , daß es bis auf einen kleinen Stummel verkleinert wird. Gänzlih abgeſtoßene Hörner erſezen \ſih wieder, verleßte nehmen zuweilen eine von der gewöhnlichen ſehr verſchiedene Geſtalt an, woraus hervorgeht, daß man nicht berechtigt iſt, auf die Hörner allein Arten zu begründen.

Man hat in alter Zeit viel von den Freundſchaften und Feindſchaften der Nashörner gefabelt. Namentlich der Elefant ſollte aufs eifrigſte von ihnen bekämpft werden und regelmäßig unterliegen müſſen. Dieſe ſhon von Plinius herrührenden Geſchihten werden von dem einen und anderen Reiſebeſchreiber gelegentlih aufgewärmt, ſind jedoh ſicherlich als Fabeln anzuſehen. Daß ein gereiztes Nashorn ſogar einen Elefanten angreifen kann, mag “ glaubli<h erſcheinen; in ſol<hem Falle aber weiß dieſer ſih doch auch zu wehren und bietet ſich nicht ohne weiteres zur Zielſcheibe für die Hornſtöße des Gegners dar. Richtigeres erzählt man von der Freundſchaft unſeres Tieres mit ſ<hwächeren Geſchöpfen. Andersfon, Gordon Cumming und andere fanden faſt regelmäßig auf dem Doppel- wie auf dem