Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/3

120 Zehnte Ordnung: Unpaarzeher; vierte Familie: Klippſchliefer.

und wenn das wirklich der Fall war, fehlte es meiſt an genügenden Einrichtungen, um die Tiere zur Paarung zu treiben.

Aller Nuten, welchen das Nashorn gewähren kann, wiegt den Schaden, den es während jeines Freilebens anrichtet, niht entfernt auf. Fu Gegenden, wo ein regelmäßiger Anbau des Vodens ſtattfindet, läßt es ſich nicht dulden; es iſt ſo recht eigentlih nur für die Wildnis geſchaffen. Von dem erlegten Tiere weiß man faſt alle Teile zu verwenden. Nicht bloß das Blut, ſondern auh das Horn ſteht in hohem Anſehen wegen ſeiner geheimnisvollen Kraft. Jm Morgenlande ſieht man in den Häuſern der Vornehmen allerlei Becher und Trinkgeräte, welche aus dem Horne des Tieres gedreht ſind. Man ſchreibt dieſen Gefäßen die Eigenſchaft zu, aufzubrauſen, wenn eine irgendwie giſtige Flüſſigkeit in ſie geſchüttet wird, und glaubt ſomit ein ſicheres Mittel zu haben, ſi vor Vergiftungen zu ſhüßen. Die Türken der höheren Klaſſen führen beſtändig ein Täßchen von Rhinozeroshorn bei ſi< und laſſen es in allen zweifelhaften Fällen mit Kaffee füllen. Gar nicht ſelten fommt es VOL, daß ein Türke, welcher einen anderen beſucht, von dem er ſi< eben nicht viel Gutes verſieht, in deſſen Gegenwart durch ſeinen Diener das Horntäßchen mit dem Kaffee füllen läßt, welcher als Freundſchaftstrank jedem Ankommenden gereiht wird, und es ſcheint faſt, als nähme der Wirt eine ſo beiſpielloſe Ungezogenheit gar niht übel. Noch häufiger wird das Horn zu den Griffen der koſtbaren Säbel verwendet. Wenn es gut gewählt und geglättet iſt, zeigt es eine unbeſchreiblih ſchöne, ſanft rötlichgelbe Farbe, welche mit Recht als ein beſonderer Shmu> der Waffe betrachtet wird. Aus der Haut verfertigen ſi die Eingeborenen gewöhnlih Schilde, Panzer, Schüſſeln und andere Gerätſchaften. Das Fleiſch wird gegeſſen, das Fett hoch geachtet, obwohl Europäer das eine wie das andere niht ſehr rühmen. Hier und da benugt man das Fett zu Salben der verſchiedenſten Art, wie au< das Mark der Knochen hier und da als Heilmittel gilt.

In wilden, ſteinigen Gebirgen Afrikas und Weſtaſiens bemerkt man an vielen Orten ein reges Leben. Kaninchengroße Tiere, welche auf einer Felsplatte oder auf einem Blo>e ſih ſonnten, huſchen, erſhre>t dur< die Ankunft eines Menſchen, raſh an den Wänden dahin, verſhwinden in einer der unzähligen Klüfte und ſhauen dann neugierig und harmlos, wie ſie ſind, auf die ungewöhnliche Erſcheinung herab. Dies ſind Klippſchliefer, die kleinſten und zierlichſten aller jeßt lebenden Unpaarzeher.

Hinſichtlich der Stellung dieſer niedlichen Felſenbewohner innerhalb ihrer Klaſſe ſind die Anſichten der Forſcher von jeher weit auseinander gegangen. Pallas erklärte ſie, ihrer äußeren Erſcheinung und Lebensweiſe Re<hnung tragend, für Nager; Oken glaubte in ihnen Verwandte der Beuteltiere erkennen zu dürfen; Cuvier reihte ſie ſeinen Vielhufern ein. Neuerdings macht man, Huxleys Vorgange folgend, ihnen auh dieſe Stellung ſtreitig und erhebt ſie zu Vertretern einer beſonderen Ordnung. Wix betrachten ſie, ob mit Recht oder Unrecht bleibe dahingeſtellt, als zu der Ordnung der Unpaarzeher gehörige Tiere. Sie bilden nur eine Familie.

Die Merkmale der Klippſchliefer oder Klippdachſe (Hyracidae) ſind folgende: der Leib iſt geſtre>t und walzig, der Kopf verhältnismäßig groß und plump, nath vorn zugeſpibt, zumal ſeitlich ſtark verſhmälert, die Oberlippe geſpalten, die Naſenkuppe zierlich, das Auge klein, aber vortretend, das im Pelze faſt verſte>te Ohr kurz, breit und rund, der Hals kurz und gedrungen, der Schwanz ein kaum bemerkbarer Stummel ; die Beine ſind mittelhoch und ziemlih ſ{hwach, die zarten Füße geſtre> und vorn in vier, hinten in drei bis an die Endglieder mit Haut verbundene Zehen geteilt, welche, mit Ausnahme der hinteren inneren,