Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/3

126 Zehnte Ordnung: Unpaarzeher; vierte Familie: Klippſchliefer.

Stellpflöcen her. Ein Tamariskenzweig, welcher als Loſpeiſe dient, hebt, ſobald er bewegt, alſo angefreſſen wird, die Stellpflö>e aus; der Deel ſchlägt nieder, und das unkluge Gebirgsfind ſigt in einem Kerker, deſſen Wände ſeinen ſ{hwa< bewehrten, zum Graben unfähigen Pfoten unbeſieglihen Widerſtand leiſten. Auf dieſe Weiſe bekam Ehrenberg während ſeines Aufenthaltes im Steinichten Arabien ſieben Stü lebendig in ſeine Gewalt. Die Kaffern fangen, wie Kolbe berichtet, die in Südafrika hauſenden Klippdachſe (FHyrax capensïs) man<hmal mit den Händen (?). Ein Gaſtfreund jenes alten guten Beobachters beſaß einen neunjährigen Sklaven, welcher das Vieh hütete und dabei die Steinberge oft beſtieg. Dieſer brachte zuweilen fo viel von ſeinem Lieblingswilde nah Hauſe, daß er es kaum tragen fonnte und allgemeine Verwunderung erregte, weil man die zum Fange fo behender Ge\höpfe notwendige Geſchi>lichkeit ſich niht erklären konnte. Später richtete der Knabe einen Hund ab, welcher ihn beim Fangen unterſtüßte. Tellereiſen, vor die Ausgänge mancher beſonders beliebten Spalten gelegt, würden wohl auh gute Dienſte leiſten.

Mehrere Reiſende erzählten von Gefangenen, welche ſie beſaßen. Graf Mellin vergleicht einen von ihm gezähmten Klippſchliefer mit einem Bären, welcher niht größer als ein Kaninchen iſt. Er nennt ihn ein vollkommen wehrloſes Weſen, welches ſi< weder dur<h eine ſnelle Flucht retten, no< dur ſeine Zähne oder Klauen verteidigen kann. Jh ſtimme dieſer Angabe nah dem, was ih an verwundeten (angeſchoſſenen) Klippſchliefern beobachtete, vollkommen bei; Ehrenberg dagegen verſichert, daß der „Wabbr“ ſehr biſſig wäre. Mellins Gefangener biß ſi< zwar man<hmal knurrend mit einem kleinen Shoßhündchen herum, konnte dieſem aber nihts anhaben. Wenn man ihn in den Hof brachte, wählte er ſogleih einen möglichſt finſteren Winkel aus, am liebſten einen Haufen Mauerſteine, zwiſchen denen er ein Verſte> ſuchte. Das Fenſter war ſein Lieblingsaufenthalt, obgleich er hier oft großes Leid auszuhalten hatte; denn wenn nur eine Krähe oder eine Taube vorbeiflog, geriet er in Angſt und lief eilends ſeinem Kaſten zu, um ſi dort zu verſte>en. Niemals nagte er an den Sproſſen ſeines Käfigs oder an dem Bande, woran er befeſtigt worden war. Manchmal ſprang er auf die Tiſche und benahm ſich hier ſo vorſichtig, daß ex nihts umwarf, auh wenn der ganze Tiſch voll Geſchirr war. Brot, Obſt, Kartoffeln und andere, rohe wie geko<hte Gemüſe fraß er gern; Haſelnüſſe, welhe man ihm aufſhlagen mußte, ſchienen eine beſondere Le>erei für ihn zu bilden. Stets hielt er ſi ſehr reinlih. Harn und Loſung ſeßte er immer an demſelben Orte ab und verſcharrte beides wie die Katen. Wenn man ihm Sand gab, wälzte er ſi<h in demſelben herum, wie Hühner zu thun pflegen. Solange man ihn angebunden hielt, war er träge und ſhläfrig; ſobald er freigelaſſen wurde, ſprang er den ganzen Tag im Zimmer umher, von einem Orte zum anderen, beſonders gern auf den warmen Ofen, wo er ſih behaglih hinſtre>te. Sein Gehör war ſehr leiſe: er konnte ſowohl die Stimme als auch den Gang von denjenigen unterſcheiden, zu welchen er beſondere Neigung hatte. Den Ruf ſeines Herrn beantwortete er mit einem leiſen Pfeifen, kam dann herbei und ließ ſih in den Schoß nehmen und ſtreicheln. Read berichtet Ähnliches von einem aus dem Kaplande ſtammenden Klippſchliefer. Das Tierchen war mit einem Genoſſen aufgezogen und infolgedeſſen ungemein zahm und anhänglich geworden, beſuchte ſeinen Gebieter im Bette und ſhmiegte ſi dicht an denſelben, um ſih an der Wärme zu erqui>en, verkro<h ſih auch zu gleihem Zwe>e unter der Weſte ſeines Pflegers, nahdem es bis zur Bruſthöhe behende an ihm emporgeklettert war. Sein Genoſſe, welher na< England gebraht worden war, ſuchte ebenfalls gern die Geſell: ſchaft ſeines Wirtes war jedoh raſtlos, ungemein neugierig und furhtſam. Beim Freſſen zeigte er ſih wähleriſch, le>te gierig ihm gereihtes Salz und trank le>end und ſaugend von dem ihm vorgeſeßten Waſſer. Unterwegs hatte man ihn mit gequetſchtem Maiſe, Brot, rohen Kartoffeln und Zwiebeln gefüttert, in England fraß er von den verſchiedenſten