Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/3

Eſfte Ordnung. Die Vaarzeher (Artiodactyla).

În der Ordnung der Paarzeher vereinigt man nah Dwens Vorgang alle huftragenden Säugetiere, bei welchen an jedem Fuße entweder nur noh zwei Zehen entwi>elt ſind, oder doch die drei übrigen merflih an Ausbildung übertreffen. Es ſind die dritte und vierte Zehe, alſo die, welhe dem Mittel- und Goldfinger des Menſchen entſprechen, die bei den Paarzehern beſonders kräftig, unter ſich aber gleich ſtark entwidelt ſind, während die anderen mehr oder weniger verkümmern. Die erſte, dem menſchlichen Daumen entſprechende Zehe iſt bei allen Paarzehern vollſtändig geſ<hwunden. Das Gerippe iſt außerdem dur die große Beſtändigkeit in der Zahl der Rücken- und Lendenwirbel die zuſammen, einige Haustierraſſen ausgenommen, immer 19 beträgt, und dur das Fehlen des Schlüſſelbeines ausgezeichnet. Wenn wix noch hinzufügen, daß die Kauzähne von Schmelz ſelten durchſebt ſind, ſo haben wir, abgeſehen von übereinſtimmenden Eigentümlichkeiten der Keimlingshäute, alle gemeinſamen Züge im Baue der Paarzeher hervorgehoben. Fn der Lebensweiſe gleichen ſi die Paarzeher darin, daß ſie, in den meiſten Fällen aus\hließli<, in den übrigen wenig: ſtens vorwiegend, Pflanzenfreſſer ſind.

In allen ſonſtigen Beziehungen weiſt die Ordnung, gemäß ihrem Artenreichtum, ſehr verſchiedene Geſtalten auf; ſo wenig ſind manche Paarzeher ihren Drdnungsgenoſſen ähnlih, daß es erſt längerer Zeit bedurfte, um die Einheit der Ordnung allen Tierkundigen einleuchtend zu machen. i

Die Paarzeher fehlen auf Neuſeeland und dem Feſtlande Auſtraliens, ſind aber ſonſt über alle Landſäugetiere beherbergenden Länder verbreitet. Vorweltliche Paarzeher kennen wir erſt aus der Tertiärzeit.

Die große Artenzahl und Verſchiedenheit der Paarzeher macht es erwünſcht, die Ordnung zunächſt in Unterordnungen einzuteilen. Man unterſcheidet deren zwei, die Vielhufer, bei denen außer den beiden Hauptzehen auh noh die zweite und fünfte Zehe entwielt, und die Zweihufer oder Wiederkäuer, bei denen ſie völlig oder zum größten Teile geſ<wunden ſind. Bei jenen ſind außerdem Mittelhand- und Mittelfußknochen no< getrennt, bei dieſen bereits verwahſen. Außerdem ſind die Wiederkäuer vor den Vielhufern und allen anderen Säugetieren durch die Eigentümlichkeit des Wiederkauens, von welchem weiter unten die Nede ſein wird, ausgezeichnet; ihrer den Vielhufern gegenüber fortgeſchritteneren Entwi>elung entſprechend, beginnen wir mit ihnen.

Brehm, Tierleben. 3. Auflage. I1IL. 9