Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/3

136 Elfte Dronung: Paarzeher; erſte Familie: Giraffen.

beobachtet habe. Um ſi niederzuthun, ſenkt ſie ſi zuerſt auf die Beugegelente der Vorderbeine, knit hierauf die Hinterbeine zuſammen und legt ſih endlih auf die Bruſt wie das Kamel. Während des Sthlafes liegt ſie zum Teil auf der Seite und ſchlägt dabei beide oder nur eines ihrer Vorderbeine ein; den Hals wendet ſie rü>wärts, den Kopf läßt ſie gern auf den Hinterſchenkeln ruhen. Fhr Schlaf iſt ſehr leiſe und dauert nux turze Zeit. Sie kanñ au viele Tage lang den Sthlaf entbehren und ſcheint ſi< dann ſtehend auszuruhen. Es verſteht ſih von ſelbſt, daß die Nahrung der Giraffe im Einklange ſteht mit ihrer Geſtalt und ihrem Weſen. Das Tier iſt wenig geeignet, Gras vom Boden abzuweiden, um ſo mehr aber befähigt, Laub von den Bäumen zu brechen. Hierbei unterſtüßt es ſeine ungemein bewegliche Zunge ſehr weſentli<h. Wie bekannt, gebrauchen die meiſten Wiederkäuer

Giraffe „etwas vom Boden aufnehmend.

die Zunge zum Abpflücken ihrer Nahrung; kein einziger aber bedarf dieſes Werkzeug ſo ausſließli< wie die Giraffe. Was dem Elefanten der Rüſſel, iſt ihr die Zunge. Sie vermag die kleinſten Gegenſtände damit aufzunehmen, das zarteſte Blatt zu pflücken und in den Mund zu ziehen. „Jn unſerem Tiergarten“, bemerft Owen, „iſt mehr als eine Dame bein Beſchauen der Giraffen von dieſen der künſtlihen Blumen beraubt worden, welche ihre Hüte [<müdten. Es ſcheint, daß die Giraffe weniger dur< den Geruch als dur das Auge in der Auswahl ihres Futters geleitet wird, und ſo kommt es oft vor, daß das Tier ſich betrügt, wie in den erwähnten Fällen, wo es mit der gewandten Zunge die künſtlihen Blumen ergriff und von den Hüten abriß.“ Jn der Freiheit dienen der Giraffe hauptſächlich die Zweige, Knoſpen und Blätter der Mimoſaceen zur Nahrung; ſie entlaubt aber auh gern die Shlingpflanzen, welche in ſo reicher Fülle die Bäume der Wälder im nördlichen Afrika umhüllen. Da die erwähnten Bäume nicht viel höher werden als ſie ſelbſt, bemätigt ſie ſich der Äſung ohne Schwierigkeit; denn gegen die nadelſcharſen Dornen ſind Lippen und Zunge ebenſo unempfindlich wie die des Kameles. Von Steppengras äſt ſie ſh ſelten, ver\hmäht dasſelbe, ſolange es noh grün iſt, jedoch keineswegs. Bei ſaftiger Nahrung kann