Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/3

Giraffe. Kamele. 139

wochenlang in den Steppen verweilen, vortrefflihe Pferde, Kamele und Kühe mit ſich nehmen und den Arabern, ohne deren Mithilfe das Unternehmen vergeblich ſein würde, verhältnismäßig hohe Preiſe für die Gefangenen bezahlen. Die jungen Giraffen ergeben ſih ohne Umſtände in ihr Schi>ſal, verlangen aber die ſorgfältigſte Behandlung, wenn ſie gedeihen ſollen. Eben aus dieſem Grunde nimmt man melkende Kühe mit auf die Jagd, um den erbeuteten Tieren ſogleih geeignete Nahrung bieten zu können. Von dem Fangplaßze aus führt man ſodann die inzwiſchen gezähmten nebſt ihren Ammen langſam in kleinen Tagereiſen der Küſte zu.

Leider ertragen die nah Europa gebrachten Giraffen die Gefangenſchaft nur bei beſter Pflege längere Zeit. Die meiſten gehen an einem eigentümlichen Knochenleiden zu Grunde, wel<hes man „Giraffenkrankheit“ genannt hat. Urſachen der leßteren dürften Mangel an Bewegung und ungeeignete Nahrung ſein. Nach den Erfahrungen, welche ih an Elchen gemacht habe, glaube ih, daß namentli<h Gerbſäure dem Giraffenfutter zugeſeßt werden muß, um ihr Wohlbefinden zu fördern. Ein großer Raum vor und ein warmer Fußboden in dem Stalle der Giraffe ſind außerdem unerläßlihe Bedingungen für ein erträgliches Gefangenleben des teilnahmswerten Geſchöpfes.

Die Familie der Kamele (Camelidae) kennzeichnet ſi<h dur die ſhwieligen Sohlen, den Mangel der Hörner und Afterklauen, die geſpaltenen Oberlippen und den Zahnbau. Hinſichtlich des leßteren weichen die Kamele von allen übrigen Wiederkäuern ab durch den Beſiß von 2 (in der früheſten Jugend ſogar 6) Schneidezähnen in der Oberkinnlade, während ſie in der unteren Kinnlade deren 6 tragen. Die Hufe ſind ſehr klein und eigentli bloß Zehennägel an den ſhwieligen Sohlen. Der Magen iſ nur dreiteilig, weil der Blättermagen wegen ſeiner geringen Größe zu dem Labmagen gere<hnet werden kann.

Die Kamele ſind ſehr große Wiederkäuer mit langem Halſe, geſtre>tem Kopfe, in den Weichen eingezogenem Rumpfe und zottigem, faſt wolligem Felle. Die Halswirbel ſind anſehnli<h lang und faſt ohne Dornen, die Rippen breit, die Knochen der Beine ſehr kräftig.

Nordafrika, Mittelaſien und Südweſtamerika bilden die Heimat dieſer Tiere. Die wenigen Arten ſind in der Alten Welt faſt gänzlich, in der Neuen teilweiſe zu Haustieren geworden. Hier bewohnen ſie das Hochgebirge bis zu 4000 m über dem Meeresſpiegel dort befinden ſie ſi< in den heißen, tro>enen Ebenen wohl. Gräſer und Kräuter, Baumblätter, Zweige, Diſteln und Dornen dienen ihnen zur Nahrung. Sie ſind genügſam in hohem Grade und können lange hungern und dürſten. Fhr Gang iſt ein Paß und ihr Lauf, obwohl er trefflich fördert, ſchwankend und ſcheinbar in hohem Grade unbeholfen. Die wilden Arten leben in Herden; alle lieben Geſelligkeit. Jhr geiſtiges Weſen ſteht auf ziemlich tiefer Stufe. Man kann ſie nicht ſanfte, gutmütige, kluge und geduldige Tiere nennen, obwohl ſie ſih mit einer gewiſſen Entſagung leiht unter das Joh des Menſchen beugen laſſen und ſeine Herrſchaft anerkennen. Das Weibchen wirft nur ein einziges Junges und pflegt dieſes mit vieler Liebe.

Die Kamele (Camelus) zeihnen ſi<h dur< bedeutende Größe und einen oder zwei Rückenhöcker aus, beſißen auch einen Ba>enzahn mehr in jeder Reihe als die Lamas. Jhre Geſtalt iſt unſchön und namentlich der Kopf auffallend häßlich, das Haarkleid ſehr ungleich, an einigen Stellen verlängert, im ganzen aber wollig; an der Bruſt, am Ellbogen, an den Knieen und Knöcheln finden ſih ſ{<wielige Stellen. Man kennt zwei Arten, von denen die