Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/3

Dromedar: Genügſamkeit, Gangweiſe. Leiſtungen. 147

berühmter die wirkli<h unübertrefflihen der Biſcharin im Oſtſudan. Auf einem ſolchen Hedjin durchritt Mohammed Ali flüchtend in einem Zuge von Kairo nah Alexandria 175 km und brauchte hierzu nur 12 Stunden. Jn Ägypten und Nubien nennt man Dromedare, welche zehn Mahhadas oder Halteſtellen auf dem Karawanenwege in einem Tage durchlaufen, geradezu „Zehner“ (Aaſchari) und ſchäßt ſie mit Recht ſehr hoch; denn eine Mahhada liegt in der Regel zwiſchen 10 und 14, au< bis 18 km von der anderen. Einen ſolchen Ritt hält fein Pferd aus, es mag ſo gut ſein, wie es will. Anfänglich übertrifft wohl die Schnelligkeit eines trabenden Pferdes die des Kameles, wenn es in gleichem Schritte geht; ſehr bald aber bleibt das erſtere weit zurü> und das Kamel trabt nah wie vor ſeinen Gang weiter. Läßt man ein Reitkamel in der Mittagszeit ruhen, reitet es ſonſt aber vom frühen Morgen an bis zur ſpäten Nacht, ſo kann man das Tier 16 Stunden lang Trab laufen laſſen und dann bequem eine Entfernung von 140 km durreiten. Ein gutes Kamel, welches ordentlich gefüttert und getränkt wird, hält ſolche Anſtrengungen, ohne Raſttag dazwiſchen, 3 und ſelbſt 4 Tage aus und mag dann über 500 km zurülegen.

Anders ſind die Leiſtungen der Durhſchnitts- und Laſtkamele. Jene durchlaufen im günſtigſten Falle einmal eine halb ſo große Strecke als die Rennkamele, in der Regel aber bloß bis 50 Km in einem Tage; dieſe durchmeſſen mit einer bis 150 kg {weren Laſt, laut JF. Williams, dur<hſchnittli<h 4 km in der Stunde, können aber 12 Stunden und ausnahmsweiſe no< länger ununterbrochen marſchieren. Nacht igal hat die Geſchwindigkeit, mit welcher ſih die Karawane bewegte, häufig und ſorgfältig gemeſſen und gefunden, daß in der Stunde 3,5 km zurü>gelegt wurden, wenn die Laſttiere nah Belieben gehen und gelegentlih ein Pflänzchen am Wege abrupfen durften, aber 4 km und bei günſtigen Bodenverhältniſſen noh etwas darüber, wenn ſie vom Naſchen und Bummeln abgehalten wurden. Jm allgemeinen mögen Karawanen bei kürzeren Reiſen und gutem Wege bis 40 km im Tage durchmeſſen, bei längeren Reiſen mit den notwendig werdenden Raſten aber wird die dur<ſ<nittlihe Tagesleiſtung niht über 25—30 km betragen, alſo etwa dem Tagemarſche unſerer Reiterei entſprehen. Um den Gang des Dromedares zu beſchleunigen, ſchnalzt der Neiter mit der Zunge oder fuhtelt mit der Reitpeitſche. Einem guten Kamele genügt dieſe Aufmunterung. Bei einzelnen Karawanen tragen die Tiere Schellen oder Glö>kchen und ſcheinen ſih an deren Klange zu erfreuen. Auch Geſang ermuntert ſie. Wenn auch bei Wüſtenreiſen im Oſten die Ladung dur<hſchnittlih niht mehr als 150 ks beträgt, ſo wird ſie doch vielfah höher bemeſſen. Bei den Zügen durch die mittlere Sahara iſt, laut Nachtigal, 200 kg no< niht das Höchſtgewicht, und die Dſchellaba beladen nah demſelben Gewährsmanne ihre Tiere auf dem Wege von Dongola nah Dar Fur ſogar mit Laſten von 400 kg. Die ägyptiſche Regierung hat, um der Überbürdung der Kamele zu ſteuern, 90s Höchſtgewicht der Laſt auf rund 250 kg feſtgeſeßt.

Dreierlei verlangt der Araber von einem guten Dromedare: es muß einen weichen Rücken haben, darf die Peitſche niht verlangen und ſoll beim Auf- und Niederlegen nicht [hreien. Bloß derjenige, welcher viel mit Kamelen umgegangen iſt, weiß, was dies zu bedeuten hat. Ein gewöhnliches Laſtkamel iſt das fürchterlichſte aller Reittiere. Bei der Paßbewegung wird der Reiter in abſonderlihen Bogen, einer in Bewegung geſebten cineſiſchen Pagoden figur vergleichbar, auf: und nieder-, hin- und hergeſchleudert. Sobald das Kamel in Trab fällt, iſt es anders. Bei der beſtehenden Wechſelbewegung wird das ſeitliche Hin- und Herſchaukeln aufgehoben, und wenn ſich der Reiter geſchi>t im Sattel zurülegt, ſpürt er die immer noch heftigen Stöße eben auh niht mehr, als wenn er zu Pferde ſißt. Bei großer Wut fällt das Kamel regelmäßig in Galopp. Es iſt nicht im ſtande, dieſe Gangart lange auszuhalten, aber es braucht das au< niht; denn gewöhnlich liegt der niht gänzlich ſattelfeſte Reiter ſchon in den erſten Minuten auf der Erde, das Kamel trabt

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