Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/3

Lama, Paco. 163

ih ſah oder ſelbſt pflegte, und ih kann wohl ſagen, daß ich nie eines kennen lernte, welches ſanft oder gutmütig geweſen wäre. Mit ſeiner Pflege und Wartung hat man wenig Umſtände. Es gedeiht in Europa ebenſogut wie der Guanaco, verlangt keinen warmen Stall, höchſtens einen gegen rauhe Winde geſhüßten Pferch, begnügt ſih mit gewöhnlichem Futter und ſchreitet leiht zur Fortpflanzung.

Die dritte Form der Gruppe, der Paco oder die Alpaca (Auchenia pacos, Lama pacos), iſt kleiner als das Lama und gleicht im Körperbaue dem Schafe, hat aber einen längeren Hals und einen zierliheren Kopf; ſein Vließ iſt ſehr lang und ausnehmend weich, an einigen Stellen, z. B. an den Seiten des Rumpfes, erreiht das Haar eine Länge von 10—12 cm. Die Färbung iſt meiſtens ganz weiß oder ſhwarz; es gibt aber ebenfalls buntſche>ige.

„Die Pacos“, ſagt Tſchudi, „werden in großen Herden gehalten, welche das ganze Jahr auf den Hochebenen weiden; nur zur Schur treibt man ſie nah den Hütten. Es gibt vielleicht kein widerſpenſtigeres Tier als dieſes. Wenn eines von der Herde getrennt wird, wirſt es ſi auf die Erde und iſt weder dur< Schmeicheln, no<h dur< Schläge zu bewegen, wieder aufzuſtehen. Es erleidet lieber die heftigſten Züchtigungen und ſelbſt den qualvollſten Tod, als daß es folge. Einzelne können bloß fortgeſhafft werden, indem man ſie den Herden von Lamas und Schafen beigeſellt. Die Fndianer verfertigen aus der Wolle des Pacos und Lamas ſhon ſeit uralten Zeiten wollene Dé>en und Mäntel.“

Wiederholt hat man verſucht, Alpacas bei uns einzubürgern, bis jeßt jedoh wenig Erfolg gehabt; im Gegenteile, die Verſuche ſind ohne Ausnahme kläglich geſcheitert. Ein gewiſſer Thompſon züchtete im Auftrage des Earl of Derby in Knowsley eine größere Herde Alpacas, und engliſche Forſcher ſahen bereits das ſchottiſhe Hochland mit den nüßlihen Wollträgern bevölkert; es iſt jedoch ſehr ſtill geworden über dieſen Gegenſtand. Ähnlich wie in Europa ſcheint es in Auſtralien ergangen zu ſein, obgleih man dort die Verſuche in größerem Maßſtabe betrieb. Laut Tſchudi ſeßte die Negierung von Neuſüdwales eine bedeutende Belohnung für die Einführung einer beſtimmten Anzahl von Alpacas aus. Der Engländer Leeds wagte das nichts weniger als leihte Unternehmen; denn die bolivianiſche und peruaniſche Regierung hatten die Ausfuhr lebender Alpacas auf das ſtrengſte verboten und ließen Leeds, deſſen Vorhaben bekannt geworden wax, ſcharf beobachten. Troß aller Hinderniſſe gelang es endlih dem unternehmenden Manne, 300 Alpacas lebend nah Auſtralien zu bringen. Fünf Fahre ſpäter, nahdem die Regierung etwa 300,000 Mark ausgegeben hatte, waren von den Tieren kaum no< ein Dußend am Leben, und ihre Abkömmlinge, gegen vierthalbhundert an der Zahl, befanden ſi< in möglichſt unvorteilhaftem Zuſtande. Man beſchloß daher, die Herde baldthunlichſt zu verkaufen oder ihrer auf irgend eine andere Art loszuwerden, um ſo mehr, als ihr Unterhalt bedeutende Unkoſten verurſachte.

Tſchudi bezweifelt, daß in Europa Einbürgerungsverſuche im großen günſtig ausfallen würden, weil Alpacas freie Weide niht entbehren können. Daß ſi in den ſüdlihen Hothgebirgen unſeres Erdteiles Stellen finden, welche alle Bedingungen für das Wohlſein der Tiere gewähren, ſcheint mix niht unmöglich; doch glaube auch ih niht an einen dur<ſ<lagenden Erfolg einer hier ins Werk geſegten Einführung, ganz abgeſehen davon, daß ſolche Stellen durc eingewohnte Herdentiere wahrſcheinlich beſſer ausgenußt werden dürften als durch Alpacas, welche nur mit äußerſtem Widerſtreben ſi unter das Joch des Menſchen beugen. Im übrigen erfüllen dieſe Tiere viele Anforderungen, welche wir an nußbringende Haustiere ſtellen. Sie ſind dauerhaft, ziemlih anſpru<hslos, pflanzen ſih in raſcher Folge fort, da das Weibchen nux 11 Monate trächtig geht, und liefern außer der vortrefflichen Wolle, von welcher der Zentner {hon an der Weſtküſte etwa 300 Mark wert iſt, höchſt ſchmackhaftes

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